Im Engadin ist die schleichende Zunahme von 40-Tonnen-Lastwagen bis hin zu einer veritablen Nord-Süd-Gütertransitachse ein Szenario, das es vehement zu vermeiden gilt. Eine breite und schnelle Direktverbindung von Landeck nach Chiavenna ist die Grundlage für eine weitere Alpen-Transitachse von München nach Mailand.
Die Diskussion, ob ganz grosse Lastwagen (40-Tonnen-Fahrzeuge) im Engadin regelmässig verkehren dürfen, dauert an seit 2001. Damals wurde von der Eidgenossenschaft das Landverkehrsabkommen Schweiz-EU (SR 0.740.72) abgeschlossen und von der Bündner Regierung übernommen. Schrittweise wurden die erlaubten Tonnagen von 28 auf 34 Tonnen und auf der A13 (San Bernardino) auf 40 Tonnen erhöht, damals noch mit acht Kontingenten pro Tag.
Eine längere Diskussion über die San Bernardino- und auch die Julierroute wurde im Grossen Rat am 28. Mai 2002 geführt: https://www.gr.ch/Deutsch/Institutionen/Parlament/Protokolle_Sessionen/mai2002/28mai-vow.pdf.
Die Freigabe der 40-Tonnen-Fahrzeuge auf den Kantonsstrassen (Julierstrasse, Engadinerstrasse) und vielfach auch auf den Verbindungsstrassen erfolgte im Jahre 2005. Ihre Nutzung für den Schwerverkehr war aber nur reduziert möglich aufgrund der vielen Engpässen und verlangsamten Strecken.
Die Strasse vom Unterengadin ins Bergell wie auch die Julierstrasse vom Domleschg ins Engadin sind in den letzten Jahren schrittweise ausgebaut, d.h. begradigt und verbreitert worden. Beide Achsen sind bis auf wenige kurze Abschnitte mit Engpässen für 40-Tonnen-Fahrzeuge ungehindert passierbar. Die Umrüstung der Fahrzeuge durch die Speditionsfirmen erfolgte ebenso schrittweise und parallel dazu. Die Engadinerstrasse wie auch die Julier-, Maloja- und Berninastrasse werden bereits regelmässig von grossen Sattelschlepper-Lastwagen befahren.
Ab dem 1. Januar 2020 wird die Julierstrasse von der Kantons- zur Nationalstrasse N29 um- bzw. höherklassiert. Damit wird der Bund bestimmen, mit welchen und wie vielen Tonnen-Fahrzeugen die Strasse befahren werden darf. Gerade hinsichtlich des zu erwartenden höheren Verkehrsaufkommens und gegenüber der Pflicht des Kantons, die Bevölkerung vor einem solchen sowie vor erhöhten Immissionen zu schützen, stellen die Unterzeichnenden der Regierung folgende Fragen:
1. Wie und in welchem Umfang findet die stattfindende Nutzung, welche im Rahmen der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe LSVA erfasst werden müsste, Eingang in die Immissionsstrategie der Regierung?
2. Bestehen konkrete Vorstellungen über den zukünftigen Schwerverkehrsbedarf der Julierstrasse (bei gleichbleibendem Wirtschaftswachstum) als
a) Zubringer ins Engadin?
b) Teilstrecke zu einer Achse Thusis-Tirano?
c) Teilstrecke sogar für Thusis-Chiavenna (zur ehemals angedachten Variante Splügentunnel)?
d) Querentlastungstrasse einer Achse Landeck-Chiavenna?
3. Erkennt die Regierung die Konsequenz, dass durch die Umklassierung der Julierstrasse die Befahrbarkeit mit (vollbeladenen) 40-Tonnen-Fahrzeugen mittelfristig zu 100% ermöglicht wird?
4. Inwieweit ist die Regierung bereit, einer ungehinderten Güterverkehr-Transitachse (inklusive Querentlastungen) durch das Engadin entgegenzutreten?
5. Wie gedenkt die Regierung, mit dem Dilemma umzugehen zwischen der Forderung der Klimastrategie 2050 einer Reduktion der Transportmenge und der ungehinderten Förderung des Wirtschaftswachstums, obwohl die Verlagerung auf die Schiene stockt und eine Entkoppelung von Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch vorerst nur ein Wunsch ist?
Chur, 4. Dezember 2019
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