Der Bund hat die KRK ratifiziert und ist völkerrechtlich für die Umsetzung der eingegangenen Verpflichtungen verantwortlich (z.B. für die Konzipierung einer Kinder- und Jugendpolitik; Koordination der Kantone; Länderberichte an den UN-Kinderrechtsausschuss betreffend Umsetzung gemäss Art. 44 KRK, ordnungsgemäss nächstes Mal im laufenden Jahr 2020).
Landesintern tragen doch die Kantone die Hauptlast dafür, die Kinderrechte zu realisieren; der Bund nimmt seine Initiativ- und Aufsichtsfunktion faktisch kaum wahr. Damit der Kanton kinderfreundlich oder zu einem kindergerechten Staat umgestaltet wird, kann man seine Aufgaben gliedern in:
- Erarbeitung eines Konzeptes, wie sich die Bevölkerungsgruppe der Kinder zusammensetzt und welche Interessen diese Bevölkerungsgruppe in Schule, Kindesschutz, Raumplanung, Steuerpolitik, Justiz etc. in die kantonale Politik einbringen und durch welche Organe sich diese Interessen artikulieren können.
- Das Parlament ist in der Pflicht vor allem in Gesetzgebung, Budgetierung und Oberaufsicht über die Verwaltung und die Gerichte.
- Die Staatsverwaltung, d.h. vor allem die Departemente bedürfen einer Aufbau- und Ablauforganisation, um in der erstinstanzlichen Rechtsanwendung und in der verwaltungsinternen Rechtspflege die Grundwerte der KRK im Alltag der Kinder zur Geltung zu bringen.
- Die Entscheidungsträger in Verwaltung und Gerichten sind für die Problematik der KRK zu sensibilisieren, und ihnen sind operative Kenntnisse und deren praktischen Weiterentwicklung zu vermitteln. Insbesondere sind besonders bei Eheschutzmassnahmen oder Sorgerechtsregelungen schnelle Verfahren gefragt.
- Der Kanton unterstützt die Gemeinden und regionale Organe bei der Umsetzung der KRK.
Gerne fragen wir in diesem Zusammenhang an:
1. Wie viele Kinder wurden in der laufenden und der vorangegangenen Amtsperiode nach Art. 314a ZGB resp. Art. 298 ZPO angehört und für wie viele Kinder wurde ein Kindesverfahrensvertreter nach Art. 314abis ZGB resp. nach Art. 299 ZPO eingesetzt (in absoluten Zahlen und in % der Kinder)? Ist eine Entwicklung erkennbar?
2. Wie wird die Kindesanhörung von den erwähnten Amtsstellen praktiziert,
- ab einem bestimmten Altersjahr,
- mit persönlicher Vorladung in einer kindesspezifischen Form oder auf einem Formular,
- mit welcher Orientierung über die rechtlichen Rahmenbedingungen der Anhörung,
- von Amtspersonen selbst oder von beigezogenen aussenstehenden Fachpersonen durchgeführt,
- je nach Altersstufe in spezifisch ausgestatteten Räumen?
3. Verfügen die Gerichtsmitarbeitenden über eine entsprechende Ausbildung und Erfahrungen im Umgang mit Kindern und Jugendlichen?
4. Wie sensibilisiert der Kanton Graubünden Mitarbeiter der KESB, Berufsbeistandschaften, Gerichte, Kanzleien (Anwälte, aber auch Mediatoren) auf der einen Seite, aber auch Kinder/Jugendliche auf der anderen Seite bezüglich KRK und deren konsequenten Umsetzung? (Siehe auch Broschüre «Deine Meinung ist wichtig» der Gerichte ZH).
5. Die Schaffung einer nationalen Ombudsstelle (Motion SR Noser) ist in Planung, doch der Aufbau und grossteils auch die Ablauforganisation ist und bleibt auf unabsehbare Zeit kantonal geregelt. An welche Fachstelle in Graubünden sollen sich Kinder und Jugendliche wenden bezüglich rechtlicher Fragen?
Chur, 19. Juni 2020
Favre Accola, Gugelmann, Rettich, Baselgia-Brunner, Brandenburger, Buchli-Mannhart, Cahenzli-Philipp, Casty, Casutt-Derungs, Cavegn, Clalüna, Danuser, Degiacomi, Deplazes (Chur), Deplazes (Rabius), Dürler, Ellemunter, Engler, Gartmann-Albin, Gasser, Geisseler, Gort, Grass, Hardegger, Hartmann-Conrad, Hofmann, Hohl, Holzinger-Loretz, Horrer, Hug, Jochum, Kappeler, Kasper, Koch, Kohler, Lamprecht, Loepfe, Michael (Donat), Müller (Susch), Müller (Felsberg), Niggli-Mathis (Grüsch), Papa, Preisig, Ruckstuhl, Rutishauser, Salis, Schmid, Schwärzel, Stiffler, Thomann-Frank, Tomaschett-Berther (Trun), Ulber, Widmer-Spreiter (Chur), von Ballmoos, Wilhelm, Zanetti (Sent), Zanetti (Landquart), Pajic, Renkel, Spadarotto