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Session: 16.02.2022

In den letzten Jahren und Jahrzehnten leistete der Bündner Zivilschutz regelmässig Einsätze zur Bewältigung von Naturkatastrophen und anderen Notlagen. Mit der Corona-Krise und dem Aufgebot durch den Bundesrat hat der nach wie vor andauernde Einsatz des Zivilschutzes eine neue Dimension angenommen: Der Zivilschutz stand gleichzeitig über das gesamte Kantonsgebiet, zum Teil unter Einbezug aller regionalen Formationen und dem Einbezug vieler Spezialisten, im Einsatz und hat mit Bezug zur Wirtschaft - mit dem jeweils möglichen Aufgebot - zur Bewältigung der Corona-Krise beigetragen.

Insbesondere mit Blick auf den dauerhaften und kantonsweiten Bedarf an Unterstützung des Zivilschutzes haben die Änderungen des Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes (BZG) auf Bundesebene vom 20. Dezember 2019 einschneidende Folgen für den Bündner Zivilschutz. Aus diesem Grund hat der Grosse Rat am 8. Dezember 2020 mittels Teilrevision des Gesetzes über den Zivilschutz des Kantons Graubünden (Zivilschutzgesetz, BR 640.100) die befristete Verlängerung der Schutzdienstpflicht in Graubünden (bis zum 40. Altersjahr) bis fünf Jahre nach Inkrafttreten des teilrevidierten Bundesgesetzes beschlossen.

Somit wurden die zeitlichen Voraussetzungen für die zweckmässige Reorganisation des kantonalen Zivilschutzes und für die Vorbereitung der zugehörigen Gesetzesänderungen geschaffen.

In Kenntnis der bevorstehenden Personalengpässe, insbesondere beim Kader und bei wichtigen Spezialisten-Funktionen, und im Sinne einer vorausschauenden Planung ist es wichtig, dass Massnahmen ergriffen werden, um sich auch nach Ablauf der verlängerten Schutzdienstpflicht Ende 2025 auf einen personell gesicherten, einsatzbereiten Bündner Zivilschutz verlassen zu können.

Die Regierung wird beauftragt, die drohenden Unterbestände, insbesondere im Bereich der Kader und Spezialisten, nach Ablauf der verlängerten Schutzdienstpflicht zu verhindern. Der Zivilschutz soll in der Lage sein, bei einer zukünftigen Pandemie und anderen Ereignissen - oder länger andauernden Notlagen - im heutigen Rahmen unterstützend wirken zu können. Auch muss die Unterstützung des Zivilschutzes zu Gunsten systemrelevanter öffentlicher und privater Betriebe sichergestellt sein. Hierzu sind die erforderlichen Mechanismen und Strukturen zu schaffen sowie das Leistungsspektrum des Bündner Zivilschutzes klar zu definieren.

Chur, 16. Februar 2022

Flütsch, Tomaschett (Breil/Brigels), Wilhelm, Berweger, Cahenzli-Philipp, Cantieni, Censi, Della Cà, Dürler, Engler, Felix, Hartmann-Conrad, Hitz-Rusch, Hohl, Holzinger-Loretz, Jochum, Kienz, Kunfermann, Kuoni, Maissen, Marti, Michael (Castasegna), Michael (Donat), Mittner, Müller (Felsberg), Natter, Niggli (Samedan), Niggli-Mathis (Grüsch), Noi-Togni, Papa, Pfäffli, Rüegg, Schmid, Schutz, Stiffler, Tanner, Thomann-Frank, Thür-Suter, Weidmann, Wellig, Wieland

Antwort der Regierung

In Art. 31 Bundesgesetz über den Bevölkerungsschutz und den Zivilschutz (BZG; SR 520.1) der am 1. Januar 2021 in Kraft getretenen Teilrevision regelt der Bund die Erfüllung und die Dauer der Schutzdienstpflicht abschliessend. Den Kantonen blieb einzig im Rahmen der Übergangsbestimmung von Art. 99 Abs. 3 BZG die Dienstpflicht bis maximal zum 40. Altersjahr zu verlängern. Davon hat der Kanton Gebrauch gemacht. Der entsprechende Art. 21 des Gesetzes über den Zivilschutz des Kantons Graubünden (Zivilschutzgesetz, ZSG; BR 640.100) ist bis zum 31. Dezember 2025 befristet (vgl. B 2020 – 2021, S. 411 ff.).

Gemäss den Berechnungen des Amts für Militär und Zivilschutz (AMZ; Stand März 2022) reduzieren sich die Bestände an Angehörigen des Zivilschutzes (AdZS) per 1. Januar 2026 von 2264 auf 1788 (-476). Beim oberen Kader (Kommandanten, Offiziere) werden 39 AdZS, beim unteren Kader (Unteroffiziere) 166 AdZS und auf Stufe Mannschaft 796 AdZS entlassen (Total 1001 Personen). Kompensiert werden die Entlassungen durch Zusatzausbildungen von Schutzdienstpflichtigen, Neurekrutierungen, Neubürger/-innen und Auslandurlauber/-innen (Total 525 Personen).

Damit die drohenden Unterbestände, insbesondere im Bereich der Kader und Spezialisten, nach Ablauf der verlängerten Schutzdienstpflicht teilweise aufgefangen werden können und der Bündner Zivilschutz weiterhin in der Lage ist, auch bei zukünftigen Pandemien und anderen Ereignissen – oder länger andauernden Notlagen – unterstützend wirken zu können, sind folgende Massnahmen in Prüfung:

  • Ausweitung der Anspruchsberechtigung gemäss Art. 16 Abs. 1 lit. e ZSG auf weitere Kaderfunktionen (oberes Kader/Offiziere und unteres Kader/Unteroffiziere). Mit dieser Ausweitung könnten Anreize geschaffen werden, damit Schutzdienstpflichtige in ihrer Funktion auf freiwilliger Basis weiterhin im Zivilschutz eingeteilt bleiben (Art. 33 BZG). Die Kostenfolgen dieser Massnahme muss noch berechnet werden.
  • Zu prüfen ist, ob allenfalls Bemühungen, wie z.B. Werbung, Kampagnen etc., Frauen und Männer motivieren können, freiwillig die Schutzdienstpflicht zu übernehmen und Schutzdienst zu leisten (Art. 33 Abs. 1 lit a - d BZG).
  • Mit einer sofortigen Kaderplanung können bis Ende 2025 die grossen Lücken beim oberen und unteren Kader verkleinert werden.

Das AMZ arbeitet mit Hochdruck daran, weitere erforderliche Mechanismen und Strukturen zu schaffen, damit der Zivilschutz weiterhin in der Lage ist, bei ausserordentlichen Ereignissen unterstützend zu wirken. Ebenfalls wird das Leistungsspektrum des Bündner Zivilschutzes mit den Bevölkerungsschutzpartnern überprüft und klar definiert. Mit dem per 1. Januar 2026 zu erwartenden Bestand an AdZS ist vorgesehen, dass die bestehende Zivilschutzstruktur mit den regionalen Formationen grundsätzlich beibehalten wird, jedoch weniger Formationen in den einzelnen Kompanien vorhanden sind. Ausserdem wird der Zivilschutz weniger Einsätze zu Gunsten der Gemeinden während Wiederholungskursen oder Einsätzen zu Gunsten der Gemeinschaft (Pferderennen Maienfeld, Engadiner Skimarathon, Arosa Classic Car, etc.) leisten. Die Diensttage der AdZS müssten vorwiegend im Rahmen der Wiederholungskurse, welche insbesondere dem Erreichen und Erhalten der Einsatzbereitschaft des Zivilschutzes dienen, eingesetzt werden.

Abschliessend ist festzuhalten, dass gemäss Mitteilung des Bundesamts für Bevölkerungsschutz eine Teilrevision des Bundesgesetzes über den Bevölkerungsschutz und den Zivilschutz im 2022 vorgesehen ist. Bevor Entscheide in Bezug auf das weitere Vorgehen gefällt werden können, ist das Vernehmlassungsverfahren für diese Teilrevision abzuwarten.

Aufgrund dieser Ausführungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den vorliegenden Auftrag abzulehnen.

13. April 2022