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Session: 21.04.2022

Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine führte dazu, dass der Westen mit umfassenden wirtschaftlichen Sanktionen reagierte. Die Sanktionen treffen Russland hart und können so einen Beitrag leisten, das Kriegsgeschehen zu beeinflussen und den Aggressor finanziell handlungsunfähig zu machen.

Der Bundesrat hat an seiner ausserordentlichen Sitzung vom 28. Februar 2022 entschieden, die Sanktionen der EU gegen Russland zu übernehmen. Der Bundesrat hat das Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) mit der Umsetzung der Sanktionen beauftragt.

Diesem Beschluss des Bundesrates gingen Tage des Abwartens und Zögerns voraus. Das Zögern des Bundesrates war im Angesicht des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges von Russland unverständlich. So erntete der Bundesrat denn auch Kritik von allen Parteien, die Menschenrechte und das Völkerrecht hochhalten.

Vor diesem Hintergrund muss mit einigem Erstaunen zur Kenntnis genommen werden, dass es bei der Umsetzung der Sanktionen zu Umsetzungs- und Abstimmungsschwierigkeiten kommt. Zahlreiche Medien (u.a. «Republik», «Tages Anzeiger» oder «SRF Reporter») haben erst kürzlich über die schleppende Umsetzung der Sanktionen berichtet. Zudem fordert auch der Botschafter der Ukraine in der Schweiz, Artem Rybchenko, in der Sonntagszeitung des Tages Anzeiger vom 9. April 2022 mehr Engagement bei der Sanktionierung russischer Vermögen in der Schweiz von der Schweiz.

Die Unterzeichnenden bitten deshalb die Regierung freundlich darum, folgende Fragen zu beantworten:

  1. Wie gut funktioniert die Zusammenarbeit mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) in Bezug auf die Umsetzung der Sanktionen?
  2. Sind die Zuständigkeiten zwischen Bund und Kantonen im Rahmen des Vollzugs der Sanktionen (mittlerweile) geklärt? Wie sehen diese grundsätzlich aus?
  3. Ist es mittlerweile (insbesondere rechtlich) geklärt, dass das Steuergeheimnis nicht dazu da ist, den Vollzug der Sanktionen zu erschweren?
  4. Was hat der Kanton unternommen, um Vermögenswerte von sanktionierten russischen Staatsangehörigen mit Nähe zum Regime zu sichern?
  5. Ist die Bündner Regierung bereit, sich beim Bund für einen griffigen Vollzug der Sanktionen einzusetzen und falls notwendig entsprechend zu intervenieren?

Chur, 19. April 2022

Horrer, Bettinaglio, Bigliel, Atanes, Baselgia-Brunner, Buchli-Mannhart, Cahenzli-Philipp (Untervaz), Cantieni, Casutt-Derungs, Caviezel (Chur), Degiacomi, Deplazes (Rabius), Ellemunter, Gartmann-Albin, Gugelmann, Hardegger, Hofmann, Kunfermann, Lamprecht, Loepfe, Maissen, Märchy-Caduff, Müller (Susch), Niggli-Mathis (Grüsch), Noi-Togni, Perl, Pfäffli, Preisig, Rettich, Rutishauser, Sax, Tanner, Ulber, Widmer-Spreiter (Chur), Wilhelm, Zanetti (Landquart), Bürgi-Büchel, Costa, Tomaschett (Chur), van Kleef

Antwort der Regierung

Zu Frage 1: Das Bundesamt für Justiz BJ wies (nach Rücksprache mit dem SECO) über das Grundbuchinspektorat die Grundbuchämter bereits am 2. März 2022 an, auf Grundstücken von auf der SECO-Liste verzeichneten Eigentümern eine Verfügungssperre anzumerken und dem SECO eine Meldung zu erstatten. Diese Zusammenarbeit funktioniert gut. Die STV dagegen wurde vom SECO bis zum Merkblatt vom 1. April 2022 nie kontaktiert, weder direkt noch indirekt über die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV). Noch bevor steuerpflichtige Personen mit Wohnsitz in Graubünden auf der SECO-Liste figurierten, ging die STV vor allen anderen Kantonen auf das SECO mit der Frage zu, ob die kantonalen Steuerverwaltungen unter das Bundesgesetz über die Durchführung von internationalen Sanktionen (Embargogesetz, EmbG; SR 946.231) bzw. unter die Verordnung über Massnahmen im Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine (VO Ukraine; SR 946.231.176.72) fallen. Das SECO verwies die STV auf ein Merkblatt, welches allen Kantonen zu gegebener Zeit zugestellt werden solle (vgl. Antwort auf Frage 3). Aus Sicht der STV war die Zusammenarbeit mit dem SECO somit lange unbefriedigend. Somit kann festgehalten werden, dass die Zusammenarbeit teilweise unbefriedigend war.

Zu Frage 2: Bis zum Vorliegen des erwähnten Merkblattes herrschte für die Steuerverwaltungen Unklarheit darüber, ob sie eine Meldepflicht trifft. Die Aufgaben der Steuerverwaltungen wurden erst mit dem Merkblatt geklärt, indem darin festgehalten wurde, dass die Steuerverwaltungen einer Meldepflicht unterliegen. Zu den Sanktionen der Grundbuchämter vgl. Antwort auf Frage 1.

Zu Frage 3: Die STV hatte sich bereits vor dem Interview des stv. Leiters STV vom 15. März 2022 für die Sendung SRF DOK Reporter (ausgestrahlt am 23. März 2022) intensiv mit der VO Ukraine auseinandergesetzt und mit dem SECO Kontakt aufgenommen. Dieses vertrat lange die Ansicht, die Steuerverwaltungen würden gar nicht unter die VO Ukraine fallen und müssten deshalb keine Meldungen vornehmen. Diese Ansicht überzeugte die STV nicht. Für sie stand aufgrund einer zeitgemässen Auslegung des EmbG und der VO Ukraine sowie nach dem Sinn und Zweck dieser Erlasse rasch fest, dass auch die Steuerverwaltungen dem SECO Vermögenswerte von Personen, die sich auf der SECO-Liste befinden, melden müssen. Überdies vertrat die STV die Meinung, dass die VO Ukraine und das EmbG dem Steuergeheimnis vorgehen würden. Deshalb ging die STV auf andere Kantone, die Schweizerische Steuerkonferenz und das SECO zu. In der Folge wollte die STV die Meldungen vornehmen. Das SECO bat die STV, davon abzusehen und das Merkblatt abzuwarten. Am 1. April stellte das SECO allen Kantonen das erwähnte Merkblatt zu, in dem es erstmals und offiziell festhielt, es bestehe auch für die Steuerverwaltungen eine Meldepflicht. Die STV hatte bereits vor dem Erhalt des Merkblattes alle notwendigen Abklärungen getroffen, um die Meldungen zu erstatten. Diese erfolgten dann unmittelbar nach Eingang des Merkblattes. Soweit ersichtlich war die STV die erste Steuerverwaltung, die dem SECO Meldungen erstattete. Im Übrigen informierte der DFG Vorsteher am 5. April 2022 die Medien über die Meldungen der STV ans SECO.

Zu Frage 4: Seit dem Entscheid des Bundesrates vom 28. Februar 2022, die Sanktionen der EU gegen Russland zu übernehmen, haben die betroffenen kantonalen Behörden diese Angelegenheit mit höchster Priorität verfolgt und Abklärungen getroffen. Die STV hat nicht erst die SECO-Sanktionslisten abgewartet, sondern bereits die EU-Sanktionslisten mit dem Steuerregister abgeglichen, was auch weiterhin zeitnah erfolgen wird. Sie hat auch unmittelbar nach Erhalt des Merkblattes die vorbereiteten Meldungen über Vermögenswerte von sanktionierten Personen als erster Kanton dem SECO übermittelt (vgl. auch Antwort auf Frage 3). Die Grundbuchämter haben unverzüglich eine Verfügungssperre auf Grundstücken von in der Liste des SECO verzeichneten Eigentümern angemerkt und diese dem SECO gemeldet.

Zu Frage 5: Die kantonalen Behörden haben sich umgehend um ihre Pflichten im Zusammenhang mit dem Vollzug der Sanktionen bemüht und rasch gehandelt. Wie zu Frage 3 ausgeführt, ist die STV sehr rasch beim SECO vorstellig geworden, hat sich gegenüber anderen Kantonen für eine Meldung ausgesprochen und unmittelbar nach Erhalt des Merkblattes die entsprechenden Vermögenswerte gemeldet. Die Grundbuchämter hatten keine Veranlassung, beim SECO zu intervenieren, da sie – im Gegensatz zur STV – bereits sehr früh angewiesen wurden, Verfügungssperren anzumerken. Daraus wird ersichtlich, dass der Kanton gegenüber dem SECO nicht untätig geblieben ist. Vielmehr hat sich der Kanton für einen klaren Vollzug der Sanktionen eingesetzt. Er wird dies auch in Zukunft tun.

21. April 2022