Demokratie im Freistaat der Drei Bünde
Der Bundsbrief von 1524 war ein Bündnisvertrag zwischen Gerichtsgemeinden aller drei Bünde. Mit diesem Zusammenschluss entstand der Freistaat der Drei Bünde. Wie gestalteten sich hier die demokratischen Verhältnisse? Trotz der gemeinsamen Republik verblieb die politische Macht bei den Gerichtsgemeinden. Sie trafen als selbstständige politische Gemeinden gemäss dem Mehrheitsprinzip ihre Entscheidungen. Die Beschlüsse der Vertreter der Gerichtsgemeinden an den Bundstagen unterlagen immer häufiger einem obligatorischen Referendum eben dieser Gerichtsgemeinden. In "Ausschreiben" wurden die Abstimmungspunkte mitgeteilt und jede Gerichtsgemeinde fällte an einer Landsgemeinde oder an Dorfversammlungen einen Entscheid. Dieses Votum war nicht auf Zustimmung oder Ablehnung beschränkt, sondern konnte mit Kommentaren oder Änderungsvorschlägen verbunden sein. Entsprechend kompliziert fiel die Auszählung ("Klassifikation") der Abstimmungsergebnisse ("Mehren") auf der Ebene der Drei Bünde aus.
Das demokratische Gefüge des Freistaats der Drei Bünde überstand die allgemeine Abschliessungstendenzen der politischen Macht auf eine kleine Elite im 16. und 17. Jahrhundert beinahe unbeschadet. Zwar sicherten sich auch im Freistaat die einflussreichsten Familien den Zugang zu den lukrativen politischen Ämtern und beeinflussten die politischen Entscheidungen massgeblich. Vom Volk als überbordend wahrgenommene Führungsansprüche wurden jedoch durch Volkserhebungen und Volkstribunale ("Fähnlilupfe" und "Strafgerichte") im Zaum gehalten.
Die Schattenseiten der weitgehenden Gemeindeautonomie zeigte sich jedoch unter anderem an der verbreiteten Praxis des Stimmenkaufs, die in den Quellen als "praktizieren" bzw. "kesseln" bezeichnet wird. Eigentlich hätte der sogenannte "Kesselbrief" von 1570 der politischen Beeinflussung durch Geschenke einen Riegel vorschieben sollen, doch scheint dies nur mässig gewirkt zu haben.
Das politische System im Freistaat der Drei Bünde wurde nicht nur von aussen, sondern auch in Selbstbeschreibungen, bereits 1618, als demokratisch wahrgenommen. Die ausgeprägte Gemeindeautonomie und das weitreichende Referendumsrecht, blieb, als europäisches Unikum, bis ins 19. Jahrhundert bestehen. Im Zuge der Ausarbeitung der Kantonsverfassungen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts diente das Bündner System als Inspiration und Vorbild.
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