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Mit der jährlich erscheinenden Publikation «Integration im Fokus» ermöglichen wir jeweils im Frühling Einblicke in Aufgabestellungen und Projekte, die uns im Rahmen des Kantonalen Integrationsprogramms (KIP) beschäftigen. Jede Ausgabe fokussiert auf den aktuellen Jahresschwerpunkt der Fachstelle Integration. Im Jahr 2023 lautet er «Familie».

 

Die Publikation kann hier online gelesen oder als PDF runtergeladen werden.

Druckexemplare können bestellt werden unter Telefon 081 257 26 02 oder E-Mail info@integration.gr.ch.

Als thematische Ergänzung mit weiterführenden Aspekten erscheint jeweils im Herbst die Publikation MIX – Magazin für Vielfalt Graubünden.

 

Titelseite 2023

 

Vorwort von Nahid Kouchekzadeh Dandansaz, Interkulturelle Dolmetscherin

Liebe Leserin, lieber Leser

 

Für die Entscheidungen von uns Erwachsenen können jene am wenigsten, die bisweilen am meisten darunter leiden: Kinder und Jugendliche. Besonders einschneidend kann für sie die elterliche Entscheidung sein, das gewohnte Umfeld zu verlassen und das Glück für die Familie oder – wie in unserem Fall – die Sicherheit in einem neuen, völlig fremden Land zu suchen. Als wir in den 1980er-Jahren aus dem Iran flohen, gelangten wir über Deutschland in die Schweiz und schliesslich nach Chur. Während all der Fluchtstrapazen hatten wir ein grosses Glück: Mein Mann, unsere beiden älteren Kinder und ich konnten stets zusammenbleiben. In der Schweiz angekommen, machten unsere damals 15-jährige Tochter und unser 14-jähriger Sohn allerdings genau das durch, was viele erleben, die «erst» im jugendlichen Alter migrieren – etwa im Familiennachzug.

Beide litten darunter, nicht zur Schule gehen und keine Ausbildung in Angriff nehmen zu dürfen. Obwohl sie sehr motiviert waren, gut Deutsch sprachen und für einiges Begabung zeigten, liess es das System nicht zu. Während ihre Freundinnen und Freunde Vollgas geben und ihre Lust auf das Leben und Lernen ausleben konnten, landeten meine Kinder durch das jahrelange Asylverfahren in einer Sackgasse. Mit Auswirkungen auf das gesamte Familienleben. Denn der Kummer und die Perspektivlosigkeit der Kinder erschöpften auch uns Eltern. Mit dem positiven Aufenthaltsentscheid fassten zum Glück beide auch beruflich schnell Fuss und sind heute genauso zufrieden wie mein Mann und ich. Geblieben sind die Lücken in der Altersvorsorge und die bösen Erinnerungen. Ausserdem die Überzeugung, dass wir allen Kindern und Jugendlichen die gleichen Chancen ermöglichen müssen. So wie ich es bei meinen Enkelkindern und in meiner Arbeit als interkulturelle Dolmetscherin versuche.

Vorwort von Felix Birchler, Leiter Fachstelle Integration

Liebe Leserin, lieber Leser

 

Nicht nur als Vater habe ich grossen Respekt vor Erfahrungen, wie sie Nahid Kouchekzadeh Dandansaz schildert. Aus meiner beruflichen Perspektive weiss ich, dass die Migration Kinder und Jugendliche vor besondere Herausforderungen stellt. Ebenso bemerkenswert scheint mir aber die Tatsache, dass viele Eltern der Erstmigrationsgeneration eine tiefgehende Entwurzelung und einen Statusverlust erleben, dies für ihre Kinder aber in Kauf nehmen. Eine Art der Selbstaufopferung für die Zukunft des Nachwuchses, die von aussen betrachtet nicht immer nachvollziehbar ist.

Auch deshalb ist es uns ein Anliegen, mit dem kommunikativen Jahresschwerpunkt Familie den Fokus auf das Befinden und die Erfahrungen von Paaren, Eltern und Kindern zu legen, die ihren gemeinsamen Lebensmittelpunkt neu in der Schweiz und in Graubünden haben. Die vorliegende Publikation macht den Anfang und ermöglicht Ihnen mit dem Fokus Familiennachzug Einblicke in einen ganz spezifischen Aspekt. Familienthematisch nachlegen werden wir im Herbst mit der MIX – Magazin für Vielfalt Graubünden und der Vernetzungsveranstaltung MIX-Café. Seien Sie neugierig und bleiben Sie gespannt.

 

Text: Philipp Grünenfelder