Sozialamt
Uffizi dal servetsch social
Ufficio del servizio sociale
Gesetz über die Suchthilfe im Kanton Graubünden (Suchthilfegesetz; BR 500.800)
Ziel der kantonalen Strategie Sucht ist es, in der Bevölkerung die physische und psychische Gesundheit über alle Lebensphasen hinweg zu fördern und zu erhalten sowie die Folgen von Sucht für die Betroffenen und ihr Umfeld zu mildern. Bestehende Angebote werden optimiert, Lücken geschlossen, der Zugang zu Hilfsangeboten erleichtert sowie die Koordination und Kooperation unter den relevanten Akteuren gestärkt. Damit kann eine anpassungsfähige und auf den ganzen Kanton abgestimmte Versorgung bereitgestellt werden.
Die kantonale Strategie Sucht orientiert sich an den Handlungsfeldern der nationalen Strategie Sucht mit den vier Säulen: Prävention, Therapie, Schadensminderung und Repression. Sie wurde im Auftrag der Regierung vom Sozialamt und dem Gesundheitsamt unter Einbezug der relevanten Akteure und Departemente entwickelt.
Der Kanton Graubünden verfügt über ein breites, regionales und den lokalen Bedürfnissen angepasstes Netz an Angeboten der Gesundheitsförderung, Prävention und Suchthilfe. Dabei verteilen sich die Zuständigkeiten im Suchtbereich auf zahlreiche Akteurinnen und Akteure. Für eine effektive und wirksame Suchtpolitik ist entsprechend die Koordination, Vernetzung und Zusammenarbeit der verschiedenen Beteiligten entscheidend. Die kantonale Strategie Sucht bildet in dieser Hinsicht den Handlungs- und Orientierungsrahmen, legt klare Zuständigkeiten innerhalb der kantonalen Verwaltung fest und begünstigt damit die Qualitätssicherung und Weiterentwicklung der Suchthilfeangebote in Graubünden.
Kantonale Strategie Sucht
Sucht und riskantes Konsumverhalten bedeuten für die Betroffenen und ihr Umfeld viel Leid. Die gesellschaftlichen Auswirkungen und Kosten sind schwerwiegend.
Das Gesundheitsamt und das Sozialamt Graubünden setzen mit Gemeinden, Schulen und Fachpersonen verschiedene Massnahmen um. Die Ziele basieren auf der Nationalen Strategie Sucht.
Konzept Bündner Programm Sucht 2021-2024
Die Schweiz verfügt grundsätzlich über ein vielfältiges und professionelles System der Suchthilfe. Aufgrund der föderalen Struktur des Landes liegen die Zuständigkeiten in diesem Bereich bei den Kantonen und Gemeinden. Dadurch gestaltet sich die Suchthilfelandschaft entsprechend fragmentiert. Die Konferenz der kantonalen Beauftragten für Suchtfragen (KKBS) hat die Hochschule Luzern (HSLU) mit einer gross angelegten Studie zur (inter-) kantonalen Steuerung der Angebote beauftragt und diese begleitet. In der Studie wird auf die kantonalen Beratungs- und Therapieangebote fokussiert.
Die Kantone sind gemäss dem Betäubungsmittelgesetz (BetmG; SR 812.121) dazu verpflichtet, Einrichtungen zu schaffen oder private Organisationen zu unterstützen, um die therapeutische und soziale Integration von suchtbetroffenen Personen zu gewährleisten. Die Angebote der Suchthilfe werden von verschiedenen Akteurinnen und Akteuren erbracht, darunter staatliche Institutionen auf kommunaler, kantonaler und nationaler Ebene, aber auch von Freiwilligen, Selbsthilfegruppen, Non-Profit-Organisationen oder gemeinnützigen Trägerschaften. Die Organisation, Leistungserbringung und Finanzierung der Angebote variieren von Kanton zu Kanton. Die Bereitstellung einer ausdifferenzierten Versorgung erfordert deshalb die Koordination und Zusammenarbeit einer Vielzahl von Akteuren.
Die KKBS beauftragte 2020 die HSLU, den Kantonen Grundlagen zur Verfügung zu stellen, um die Gestaltung der Suchthilfe zu erörtern und weiterzuentwickeln. Die HSLU analysierte im Detail die jeweiligen kantonalen Angebote im Bereich «Therapie, Beratung und Wohnen» und untersuchte die Steuerung der Suchthilfe innerhalb der Kantone sowie die generelle Angebotssituation und die bedarfsrelevanten Entwicklungstrends.
Die Studie «Grundlagen für die Steuerung im Bereich der Suchthilfe» wurde von insgesamt 22 Kantonen aktiv unterstützt. Die Erhebungen, bestehend aus schriftlichen Befragungen, Telefoninterviews, einer Sekundäranalyse der medizinischen Statistik der Krankenhäuser durch das schweizerische Gesundheitsobservatorium (OBSAN) und Fokusgruppen-Interviews, bildeten die empirische Grundlage für den Schlussbericht, welcher im Herbst 2023 fertiggestellt wurde.
Die KKBS prüft derzeit die Umsetzung ausgewählter Empfehlungen der umfassenden Studie, welche erstmals die Grundlage bietet, schweizweite Lücken genauer identifizieren zu können. Bedarf wird dabei u.a. bei der Verbesserung des nationalen Suchtmonitorings sowie einer optimierten interkantonalen Koordination in Versorgungsregionen gesehen. Sucht ist ein komplexes Querschnittsthema. Die Studie liefert wertvolle Ansatzpunkte für eine effektive Weiterentwicklung des Suchthilfesystems, um gegenwärtige und zukünftige Herausforderungen meistern zu können und schweizweit eine gleichberechtigte sowie zugängliche Versorgung für alle Personen sicherzustellen.
Factsheet zur Studie
State-of-the-Art-Bericht
Schlussbericht zur Studie
Kantonsportrait Kanton GR
Die Regierung genehmigt einen Leistungsauftrag an den Verein Oase bis 31. Dezember 2025 für das Pilotprojekt «Housing First». Der Verein Oase stellt während der Pilotprojektphase ein Grundangebot für fünf Personen ab August 2024. Der Kantonsbeitrag für dieses Projekt beträgt maximal 198 300 Franken.
Der «Housing First» Ansatz sieht im Grundsatz vor, dass wohnungs- und/oder obdachlosen Menschen Wohnraum bereitgestellt wird, ohne diesen an besondere Bedingungen zu knüpfen. Der Ansatz eignet sich besonders für Menschen mit einem gewissen Mass an Unterstützungsbedarf, in der Regel langzeitwohnungslose Personen mit einer Suchtmittelabhängigkeit und/oder psychischer Erkrankung. Personen, die «Housing First» nutzen, leben eigenständig und müssen sich an die gewöhnlichen Mietbedingungen halten, erhalten aber zur Unterstützung Betreuung und Beratung angeboten. So wird der Zugang zu medizinischer und psychiatrischer Versorgung sowie zu Suchthilfeangeboten ermöglicht und die soziale Integration gefördert. Obwohl keine Abstinenz oder Behandlung gefordert wird, werden die Nutzer und Nutzerinnen von «Housing First» ermutigt, schädlichen Konsum zu minimieren und Hilfe anzunehmen.
Die Regierung genehmigt den Leistungsauftrag «Streetwork Chur» 2022 bis 2025. Damit erweitert sie die bestehende Zusammenarbeit mit dem Verein Überlebenshilfe Graubünden (UHG). Mit dem zusätzlichen Leistungsauftrag ergänzt der Kanton Graubünden sein vielfältiges Angebot im Bereich der Suchthilfe.
Streetwork steht für Aufsuchende Sozialarbeit im öffentlichen Raum der Stadt Chur und richtet sich insbesondere an suchtmittelbelastete und obdachlose Menschen. Durch ein niederschwelliges Unterstützungsangebot sollen ihre Lebensbedingungen verbessert werden. Streetworkerinnen und Streetworker sind im öffentlichen Raum präsent, informieren die Betroffenen über Dienstleistungen und Beratungsangebote und erleichtern den Zugang zu diesen. In Notsituationen leisten sie zudem Sofort- und Individualhilfe, beispielsweise in Form von Abgabe von Kleidung oder Wundversorgung.
Die Fortführung der Aufsuchenden Sozialarbeit in Chur ist Teil der durch die Regierung beschlossenen Verbesserung der Angebote im Bereich der Suchthilfe.
In einem von der Regierung in Auftrag gegebenen Bericht von Infodrog, der Schweizerischen Koordinations- und Fachstelle Sucht, wurden Angebotslücken festgestellt. Die Regierung hat deshalb das Angebot für Suchtbetroffene im Kanton überprüft, mit Fachpersonen diskutiert und Lösungsvorschläge erarbeitet. Sie hat bei der Überprüfung neben dem Bedarf auch die geschätzten Kosten sowie die Umsetzbarkeit der Massnahmen beurteilt. Die nun beschlossenen Massnahmen in den Bereichen Sozialarbeit, Kontakt- und Anlaufstelle sowie begleitetes Wohnen überzeugen durch ein sehr gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis. Die weiteren Empfehlungen, welche im Infodrog-Bericht genannt sind, werden im Rahmen der kantonalen Strategie Sucht bearbeitet.
Die Regierung will das Pilotprojekt «Streetwork» der Stadt Chur übernehmen und weiterführen. Die Gassenarbeit hat eine hohe schadenmindernde Wirkung und verbessert die Zugänglichkeit zu den Hilfsangeboten. Es ist ein Angebot, das aktiv auf die Menschen zugeht, die es selbst nicht schaffen, andere Hilfsangebote in Anspruch zu nehmen. Als professionelle Ansprechpersonen ohne ordnungspolitischen Auftrag tragen aufsuchende Sozialarbeitende unter anderem dazu bei, psychische, physische und soziale Probleme von betroffenen Personen, die im öffentlichen Raum anzutreffen sind, zu reduzieren.
Als weitere Massnahme will die Regierung eine neue Kontakt- und Anlaufstelle mit grösseren Räumlichkeiten an einem zentraleren Ort errichten. Suchtbetroffene und randständige Personen sollen sich an einem geschützten Ort aufhalten können und niederschwellig Zugang zu Hilfsangeboten erhalten. Die Triage und Vermittlung zu Beratungs- und Therapieangeboten soll dadurch verbessert werden. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Verlegung und Vergrösserung der Kontakt- und Anlaufstelle wird von allen Fachleuten als hoch bis sehr hoch eingeschätzt. Ein Konsumraum wird vorläufig nicht eingerichtet: Bevor weitergehende Investitionen getätigt werden, soll die Wirkung der neuen Kontakt- und Anlaufstelle beobachtet werden.
Weiter will die Regierung beim Wohnangebot für suchtkranke Menschen ansetzen. Solide Wohnverhältnisse geben Sicherheit und Stabilität. Sie sind eine Grundvoraussetzung für die Organisation bzw. Gestaltung weiterer Lebensbereiche, wie der Sicherung der Gesundheit oder der Erwerbstätigkeit.
Die beschlossenen Massnahmen zur Verbesserung der Angebote der niederschwelligen Suchthilfe haben Mehrkosten zur Folge. Die Regierung beantragte dem Grossen Rat mit der Budgetbotschaft 2022 zusätzliche Finanzmittel im Umfang von 400 000 Franken für das Jahr 2022 sowie 500 000 bis 600 000 Franken für die Finanzplanjahre 2023 bis 2025. Der Grosse Rat hat in der Dezembersession 2021 die entsprechenden Budgetmittel genehmigt.
Bericht Managementwerkstatt: Prüfung und Planung der Weiterentwicklung
Im Auftrag der Regierung untersuchte Infodrog die Situation und den Bedarf im Bereich der Suchthilfe im Kanton Graubünden.
Der Kanton Graubünden verfügt über ein breites, regionales und den lokalen Bedürfnissen angepasstes Netz an Angeboten der Suchthilfe mit insgesamt 52 verschiedenen Angeboten. Die Angebote verschiedener öffentlicher und privater Institutionen stehen in den folgenden Bereichen zur Verfügung: Beratung, Therapie, Schadensminderung, Wohnen, Selbsthilfe sowie Suchthilfeangebote im Straf- und Massnahmenvollzug. Kein Angebot besteht hingegen in der stationären Sozialtherapie. Weiter wurden Lücken in den Leistungsbereichen der Schadensminderung wie «Drug Checking», Konsumraum und aufsuchende Sozialarbeit festgestellt.
Der Bericht formuliert sieben Handlungsempfehlungen an den Kanton Graubünden hinsichtlich seines Angebots für Suchtbetroffene. Gestützt auf die Empfehlungen im Bericht überprüft der Kanton aktuell das Angebot für Suchtbetroffene, darunter auch die Möglichkeit der Schaffung einer Kontakt- und Anlaufstelle mit Drogenkonsumraum.
Infodrog-Bericht: Bedarfsabklärung Angebote für Suchtbetroffene in Graubünden
Nationale Strategie Sucht 2017-2024
Bündner Programm Sucht