1.1. Am Sonntag, 26. März 2000, nach ca. 0815 Uhr wurden mehrere
Schüsse auf das Hotel-Restaurant "Rosenhügel" an der Malixerstrasse 32
in Chur abgegeben. Die hierauf eingeleiteten polizeilichen Ermittlungen
ergaben, dass E.K. aus seiner Wohnung im 5. Stockwerk des
Mehrfamilienhauses Seilerbahnweg 15 in Chur mit seinem Sturmgewehr
gefeuert haben musste. Im folgenden Tagesverlauf wurden Versuche
unternommen, E.K. in seiner Wohnung zu überwältigen und zu arretieren
bzw. zur Aufgabe zu bewegen. Bei diesen - fehlgeschlagenen - Versuchen
feuerte K. mehrmals auf Polizeibeamte, wobei zwei Grenadiere schwer
verletzt wurden. Als E.K. schliesslich um ca. 1740 Uhr bewaffnet auf den
Balkon seiner Wohnung trat, wurde er von einem Präzisionsschützen der
Kantonspolizei Graubünden mit einem gezielten Schuss getötet.
1.2. Mit Verfügung vom 30. März 2000 eröffnete die
Staatsanwaltschaft Graubünden eine Strafuntersuchung zur Klärung der
Rechtmässigkeit und Verhältnismässigkeit bezüglich Anordnung und
Durchführung dieses "finalen Rettungsschusses". Mit der Durchführung der
Untersuchung wurde vorerst der Pikett-Untersuchungsrichter betraut.
1.3. Um jeglichen Anschein von Befangenheit auszuschliessen,
beschloss die Regierung des Kantons Graubünden am 11. April 2000 die
Einsetzung eines ausserordentlichen Staatsanwaltes sowie eines
ausserordentlichen Untersuchungsrichters in den Personen von
Staatsanwalt Robert Akeret und Untersuchungsrichter Jürg Vollenweider.
2. Tatsächliches
Die Untersuchung ergab im einzelnen folgendes:
2.1. An der östlichen Hauswand des Restaurants "Rosenhügel" wurden
insgesamt 17 Einschüsse festgestellt. Davon durchschlugen zwei ein
Saalfenster der Pizzeria. Weitere 15 Einschüsse befanden sich im
Bereiche des Wintergartens. Aufgrund der Lage der Einschüsse ist
zumindest nicht auszuschliessen, dass die Schüsse in Seriefeuer
abgegeben worden sind.
Im Zeitpunkt, in welchem diese Schüsse fielen, hielt sich ein
Küchenbursche in der Pizzeria auf, und zwar genau in der Schusslinie.
Nur durch Zufall wurde dieser nicht verletzt oder getötet.
In der Nacht vom 25. auf den 26. März 2000 wurden die Uhren von
Winter- auf Sommerzeit umgestellt. Diesem Umstand ist es zu verdanken,
dass noch keine Hotelgäste Im Wintergarten frühstückten, wie sie das
normalerweise ab 0800 Uhr taten.
2.2. Um ca. 1110 Uhr stürmten Grenadiere der Kantonspolizei
Graubünden die Wohnung E.K.s vom Treppenhaus her. Nachdem die
Wohnungstüre gerammt worden war, drangen zuerst ein Hund und dann die
ersten Grenadiere vor. K. befand sich in einer Ecke des Wohnraums, hielt
sein Sturmgewehr im Anschlag und eröffnete ohne jegliche Vorwarnung das
Feuer zuerst auf den Hund, welchen er mit zwei Schüssen tödlich
verletzte. Danach richtete K. seine Waffe gegen die vorrückenden
Grenadiere und traf einen Grenadier in die Brust. Nachdem der
Polizeibeamte zusammengebrochen war, gab K. weitere Schüsse Richtung
Treppenhaus ab, wohin sich die nachfolgenden Grenadiere nach den ersten
Schüssen zurückgezogen hatten. Dabei wurde ein weiterer Grenadier durch
einen Splitter am Auge verletzt und musste sich deswegen in ärztliche
Behandlung begeben. Im weiteren gab K. einen gezielten Schuss auf den
Kopf des schwerverletzten Grenadiers ab. Das Projektil durchschlug den
Helm des Grenadiers am oberen Rande des Panzerglasvisiers und prallte an
der Rundung des Titanhelms ab. Der Grenadier hatte nach seiner Aussage das
Helmvisier nicht vollständig geschlossen, um das Anlaufen seiner Brille
zu verhindern. Das dürfte ihm das Leben gerettet haben. Der Grenadier
erlitt gleichwohl schwere Verletzungen und schwebte während der
folgenden Stunden in Lebensgefahr. Er ist auch heute noch nicht
vollständig geheilt und wird mit gewissen Einschränkungen leben müssen.
2.3. Um ca. 1347 Uhr gab E.K. mehrere Schüsse ins Treppenhaus ab.
Dabei traf ein Querschläger einen Grenadier, welcher zu diesem Zeitpunkt
vom Treppenhaus her mit einer Schrotflinte die Wohnung K. sicherte, am
linken Arm. Ein Projektilsplitter traf ausserdem die Schutzbrille dieses
Grenadiers. An seinem Arm wurden insbesondere mehrere Streckmuskeln,
welche die Hand- und Fingerbewegungen bewirken, zerfetzt und sind nicht
ersetzbar. Zusätzlich liegt ein beträchtlicher Nervenschaden vor, der
höchstens teilweise erholungsfähig ist und eine längere Ergotherapie
erfordert. Der Grenadier kann heute seinen linken Arm nicht mehr
vollständig drehen und insbesondere die Finger nur einigermassen
strecken, wenn die linke Hand etwas nach unten hängt. Er wird
voraussichtlich nie mehr als Grenadier eingesetzt werden können.
2.4. Im Laufe der folgenden Stunden fielen in der Wohnung K.
weitere Schüsse, welche teilweise ins Treppenhaus gingen. Unter anderem
zerschoss E.K. das Telephon in seiner Wohnung, als dieses klingelte,
weil der Psychologe versuchte, telephonisch mit ihm Kontakt
aufzunehmen.
Um ca. 1733 Uhr riss E.K. die Wohnungstüre auf. Hierauf wurde ein
Schrotschuss auf den Bereich der Türklinke abgegeben. K. wich in die
Wohnung zurück und gab anschliessend in seiner Wohnung einen weiteren
Schuss ab.
Aufgrund der späteren Spurensicherung am Gewehr und in der
Liegenschaft Seilerbahnweg 15 hat E.K. im Laufe des ganzen Tages
insgesamt 35 Schüsse aus seinem Sturmgewehr abgegeben und verfügte
zuletzt noch
über weitere 15 Schuss in seiner durchgeladenen Waffe.
2.5. Nach dem misslungenen Versuch, E.K. in seiner Wohnung
überraschend zu überwältigen, prüfte die Einsatzleitung sehr intensiv
verschiedene Möglichkeiten des Zugriffs auf K. zur Beendigung des
Amoklaufs. Diese Varianten mussten indessen allesamt verworfen werden,
weil sie zu riskant waren oder keinen Erfolg versprachen.
2.6. Verschiedentlich wurde sodann versucht, mit E.K. Kontakt
aufzunehmen. Nach den Schüssen ins Treppenhaus, bei welchen der zweite
Grenadier verletzt worden war, kam ein Gespräch zwischen einem Grenadier
und K. zustande. Im wesentlichen versuchte der Grenadier E. K. Hilfe
anzubieten, insbesondere ein Gespräch mit dem Polizeipsychologen oder
mit seiner Familie, was K. jedoch kategorisch ablehnte. E.K. erklärte
während des Gesprächs, man solle ihn in Ruhe lassen, wenn die Polizei
nicht ginge, gehe es einfach so weiter, die Polizeibeamten sollten nur
kommen, er sei bereit, er lege die Waffe nicht weg und nehme die
Polizeibeamten mit. Den Polizeibeamten machte K. trotz gewisser
Stimmungsschwankungen insgesamt einen ruhigen bzw. orientierten
Eindruck; insbesondere schien er nicht unter Drogeneinfluss zu stehen.
E.K. beendete das Gespräch mit den Worten "gut, machen wir weiter",
stiess die Wohnungstüre, soweit das noch möglich war, zu und
verbarrikadierte sie.
2.7. Der beigezogene Psychologe, welcher nicht Angehöriger der
Kantonspolizei ist, konstatierte aufgrund des offensichtlich sehr
labilen Zustandes von K. eine nicht einschätzbare Gefährdung von allem,
was sich K. näherte bzw. in seiner Umgebung befand. Den Polizeikräften
und dem Polizeipsychologen war bekannt, dass E.K. Konsument von
Psilocybinpilzen war. Diese haben eine halluzinogene Wirkung und können
zu sprunghaften Gemütszuständen führen. Der Psychologe schätzte E.K.,
auch angesichts von dessen bisherigem und taktisch geschicktem
Verhalten, als zu keinem Zeitpunkt berechenbar und zu allem entschlossen
ein. Ein Ende der Ausnahmesituation war aus Sicht des Psychologen nicht
absehbar, eine allfällige Beruhigung im Laufe der folgenden Stunden oder
der Nacht nicht einschätzbar.
2.8. Unter diesen Umständen bestand, soweit es um die Beendigung
des Amoklaufes und die Ergreifung E.K.s ging, die einzige Möglichkeit darin, weiterhin
zuzuwarten in der Hoffnung auf eine Deeskalation bzw. Normalisierung der
Stimmungslage K.s. Diese Strategie wurde damit eingeschlagen, dass
Ablösungen für die Nacht organisiert wurden. Die Polizei richtete sich
auf eine längere Entwicklung respektive einen längeren Einsatz ein und
bot deshalb auch Kräfte aus dem Ostschweizerischen Polizeikonkordat auf.
2.9. Nachdem E.K. anlässlich des ersten Sturms auf seine Wohnung
unvermittelt und ohne jede Vorwarnung das Feuer auf die
Polizeigrenadiere eröffnet hatte, erging durch den einsatzleitenden
Kommandanten an alle eingesetzten Polizeikräfte der Befehl, dass auf den
Täter zu schiessen sei, wenn er mit der Waffe erscheine. Damit sollte K.
unter keinen Umständen zu einem Schuss kommen, welcher andere Personen
hätte gefährden können. Dieser Schiessbefehl stand unabhängig neben den
anderen Massnahmen, welche zur Beendigung des Amoklaufs eingeleitet oder
erwogen wurden.
2.10. Nachdem er kurz nach ca. 1733 Uhr in seiner Wohnung erneut
einen Schuss abgegeben hatte, betrat E.K. um ca. 1740 Uhr den Balkon
seiner Wohnung. Dabei hielt er in seiner rechten Hand das Sturmgewehr,
längs am Körper anliegend, den Kolben zwischen Körper und Unterarm
haltend, die Hand offensichtlich am Pistolengriff. Der Lauf zeigte
Richtung Boden. K. bewegte sich auf dem Balkon Richtung Malixerstrasse
bzw. Brambrüeschparklatz und suchte mit starrem Blick die Gegend ab. Als
er mit Front Richtung des Hotels "Rosenhügel" stand, erging aus einer
PS-Stellung im Hotel ein Schuss, welcher K. tödlich traf.
2.11. Die Liegenschaft Seilerbahnweg 15 liegt an erhöhter Stelle in
einer Distanz bis zu wenigen hundert Metern östlich der stark
besiedelten Wohnquartiere Kasernenstrasse, Winterberg, Grünberg,
Kornquader und Foral mit einer Bevölkerung von mehreren tausend
Personen.
2.12. Die kontrollierte Schussdistanz eines Sturmgewehrs beträgt
zwischen 400 und 500 Metern. Die mögliche Schuss- bzw. Wirkungsdistanz
liegt bei rund 3'500 Metern. Auch auf diese Entfernung kann damit ein
Schuss tödlich treffen.
2.13. E.K. stand während der Vorfälle weder unter Alkohol- noch
unter Drogeneinfluss. Aufgrund von Blut- und Urinuntersuchungen hatte er
insbesondere während oder vor diesen Ereignissen keine Psilocybinpilze
konsumiert.
3. Rechtliches
3.1. Der sogenannte "finale Rettungsschuss" - zutreffender als
"gezielter Todesschuss" zu bezeichnen - ist in der schweizerischen
Gesetzgebung nicht explizit geregelt. Es handelt sich dabei um eine
besondere Form des polizeilichen Schusswaffengebrauchs im Rahmen von
Notwehr und Notwehrhilfe. Insbesondere hat der Polizeibeamte nach der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein Recht zur Notwehr und zur
Notwehrhilfe wie jeder andere Bürger (BGE 115 IV 164, E. 2a und dort
zitierte Literatur).
3.2. Wird jemand ohne Recht angegriffen oder unmittelbar mit einem
Angriffe bedroht, so ist der Angegriffene und jeder andere berechtigt,
den Angriff in einer den Umständen angemessenen Weise abzuwehren
(Notwehr und Notwehrhilfe gemäss Art. 33 Abs. 1 StGB). Unmittelbar
drohend ist ein Angriff dann, wenn der Bedrohte nach den gesamten
Umständen mit dem sofortigen Angriff rechnen muss wie etwa dann, wenn
der Angreifer eine drohende Haltung einnimmt, sich zum Kampf vorbereitet
oder Bewegungen macht, die in diesem Sinne gedeutet werden können. In
diesem Falle braucht der Angegriffene nicht zu warten, bis es zu spät
ist, sich zu wehren. Das gilt nicht nur für Privatpersonen, sondern
ebenso für den Polizeibeamten. Wenn ein Polizeibeamter ernsthaften
Grund zur Annahme hat, der Angreifer stehe im Begriffe, das Feuer gegen
ihn oder andere Personen zu eröffnen, so braucht er deshalb nicht das
Ziehen der Waffe oder gar einen ersten Schuss abzuwarten. Nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtes genügt im Falle einer ständigen
Angriffsgefahr sogar, dass sich der rechtswidrige Angriff, auch wenn
noch nicht gegenwärtig, in Vorbereitung befindet, ohne dass sich der
potentielle Angreifer praktisch bereits im Versuchsstadium befinden muss
(BGE 122 IV 5 f.); angesichts einer permanenten Gefahr sei der Begriff
des gegenwärtigen Angriffs weiter auszulegen und erstrecke sich auf
Situationen, in denen der Angriff zeitlich weiter entfernt sei als der
Angriff, welcher sich aufgrund
einer Notwehrsituation ereignen würde.
3.3. Jeder polizeiliche Schusswaffeneinsatz hat schliesslich nach
dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu erfolgen. Dies ergibt sich
einmal aus der allgemeinen Notrechtsgesetzgebung, wonach ein drohender
Angriff lediglich in einer den Umständen angemessenen Weise abgewehrt
werden darf (Art. 33 Abs. 1 StGB). Die Angemessenheit und Rechtfertigung
polizeilichen Handelns beurteilen sich insbesondere nicht nach dem
Sachverhalt, wie er sich nachträglich dem Richter darstellt; massgebend
ist vielmehr, was der Beamte im Zeitpunkt, in welchem er sich zum
Gebrauch der Waffe entschliesst, von der Sachlage halten muss (BGE 94 IV
8 f.). Selbstverständlich bemisst sich die Angemessenheit auch am
Verhältnis zwischen den in Frage stehenden Rechtsgütern. Steht Leben
gegen Leben, ist ein Schusswaffeneinsatz eher verhältnismässig und
gerechtfertigt als bei einem drohenden Angriff auf andere Rechtsgüter.
3.4. Der gezielte Todesschuss darf immer nur letztes und einzig
erfolgversprechendes Mittel zur Abwehr eines unmittelbar drohenden
Angriffs auf Leib und Leben anderer Menschen sein. Demzufolge kann die
Zulässigkeit eines tödlich wirkenden Schusses nicht auf Fälle von
Geiselnahme beschränkt bleiben - wo sie weitgehend unbestritten ist. Das
Mass der Gefährdung anderer Menschenleben ergibt sich aus den gesamten
Umständen, insbesondere dem Verhalten des Täters. Aufgrund des ebenso
hohen, wenn nicht unter Umständen gar höheren Gefährdungspotentials von
Amokschützen sind deshalb die einschlägigen Vorschriften betreffend
Geiselnehmer analog auch auf jene anzuwenden.
3.5. Aus dem vorher Gesagten ergibt sich, dass eine
Notwehrsituation zu bejahen war, wenn der Täter Anstalten für einen
weiteren Schusswaffengebrauch traf, nicht zuletzt angesichts der
zahlreichen Häuser in Reichweite des Sturmgewehrs. In diesem
Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Frage der Überwältigung des
Täters bzw. der Beendigung der Situation klar von derjenigen einer
akuten Gefährdung zu trennen ist. Verschanzt sich der Amokläufer
vorübergehend, ohne dass von ihm eine akute Gefahr ausgeht, sind in
erster Linie alle anderen, gewaltfreien Methoden anzuwenden und
auszuschöpfen, um die allgemeine Situation zu beenden, insbesondere den
Amokläufer zur Aufgabe zu bewegen.
Dies ist vorliegend geschehen: Die Polizei versuchte im Hinblick auf die
Beendigung des Amoklaufs intensiv, mit K. zu kommunizieren, und setzte,
als diese Versuche gescheitert waren, auf die Taktik des Abwartens und
Aushungerns. Dazu wurden Nachtablösungen und der Beizug weiterer
Polizeikräfte aus dem Ostschweizerischen Polizeikonkordat organisiert.
Wäre E.K. in seiner Wohnung geblieben, hätte die Polizei zugewartet und
erneut die Kommunikation gesucht. Eine völlig andere Frage war deshalb,
was zu geschehen habe, wenn K. mit seiner Waffe so in Erscheinung träte,
dass mit weiteren Schussabgaben zu rechnen war. Dementsprechend erging
denn der Schiessbefehl auch längst vor weiteren alternativen Massnahmen
und wurde parallel zu diesen aufrechterhalten. Entscheidend ist dabei,
unter welchen Umständen angenommen werden durfte, es stehe ein
unmittelbar drohender Angriff bevor, welcher die eingesetzten
Polizeikräfte wie auch unbeteiligte Dritte an Leib und Leben schwer
gefährden könnte.
3.6. Nachdem E.K. zuvor - wie sich dies aus dem oben geschilderten
Sachverhalt eindrücklich ergibt - wiederholt rücksichtslos und ohne
jegliche Vorwarnung seine Waffe gegen Menschen eingesetzt und diese in
offenkundiger Tötungsabsicht schwer verletzt hatte, durfte von einem
unmittelbar drohenden Angriff jedenfalls dann ausgegangen werden, wenn
er mit der Waffe auf dem Balkon erschien und diese so hielt, dass er sie
jederzeit und unvermittelt einsetzen konnte. Die Polizei ist jedenfalls
immer dann unmittelbar von einem gefährlichen Angriff bedroht, wenn der
Gegner seine Waffe, ohne sie gegen einen bestimmten Beamten zu richten,
gezogen hat. Das war hier der Fall: K. stand suchenden Blickes auf dem
Balkon und hielt eine Schusswaffe mit hohem Wirkungsgrad so in der Hand,
dass er die Waffe in einem Sekundenbruchteil unvermittelt hätte
hochreissen und deren Abzug betätigen können. Dieses Risiko durften die
Polizeibeamten angesichts der Tatsache, dass K. zuvor das Leben von
Menschen mehrfach aufs schwerste gefährdet und auch verbal seine weitere
Kampfbereitschaft zum Ausdruck gebracht hatte, nicht eingehen und hatten
daher das Recht und die Pflicht, einem solchen Angriff rechtzeitig
zuvorzukommen. E.K. hätte, wie schon zuvor, unvermittelt und mittels
Serienfeuer Schüsse gegen den "Rosenhügel" oder auch gegen andere Häuser
oder Plätze abgeben können, was einer äusserst schweren Gefährdung von
Polizeibeamten wie auch unbeteiligter Dritter gleichkam. Diesem
erheblichen Risiko war nur dadurch zu begegnen, dass K. unter allen
Umständen daran gehindert werden musste, einen oder mehrere weitere Schüsse
abzugeben. Die sofortige gezielte Schussabgabe mit Inkaufnahme der
Tötung erschien in dieser Situation als das einzige Mittel, der
konkreten und hohen Gefahr wirksam zu begegnen. Angesichts des
gefährdeten Rechtsgutes, des Lebens von Polizeibeamten und Dritten,
waren der Schiessbefehl und dessen Ausführung darum verhältnismässig und
damit auch gerechtfertigt. Es stand Leben gegen Leben, und in dieser
Situation mussten und durften die Polizeibeamten nicht zuwarten, bis es
zu spät sein würde und allenfalls weitere Menschen verletzt oder gar
getötet würden.
3.7. Aus all diesen Gründen wurde das Verfahren deshalb eingestellt.
Robert Akeret
Jürg Vollenweider
Gremium: Akeret/Vollenweider
Quelle: dt Akeret/Vollenweider