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Landschaft, mit Trockenmauern strukturiert
 

Strukturen wie Lesesteinhaufen, Asthaufen, Hecken, Einzelbäume oder Säume bieten unzähligen Tier- und Pflanzenarten Lebensraum und Nahrung. Sie sind zudem wichtig für die Vernetzung von Lebensräumen und damit für die Verbreitung und den Austausch von Populationen. Neben ihrem hohen Wert für die Biodiversität sind sie auch äusserst reizvolle Landschaftselemente.

Im Kanton Graubünden gehen trotz vieler Förderinstrumente noch immer schleichend Lebensraumstrukturen verloren, insbesondere in den intensiv genutzten Gebieten.

Was versteht man unter Lebensraumstrukturen?

Lebensraumstrukturen sind natürliche oder naturnahe, vom Menschen geschaffene Landschaftselemente, die ökologisch wertvolle Funktionen erfüllen. Sie sind oft durch traditionelle Landnutzung entstanden und prägen die Kulturlandschaft bis heute.

Beispiele für Lebensraumstrukturen sind:

  • Lesesteinhaufen und Lesesteinwälle, Trockenmauern, Einzelsteine;
  • Hecken, Feldgehölze, Sträucher;
  • Asthaufen und Totholz;
  • Einzelbäume / Biotopbäume;
  • Böschungen, Terrassen;
  • Säume, Blühstreifen, Buntbrachen (mit einheimischen Wildkräutern angesäte Flächen), Rückzugstreifen (Streifen, die bei der Mahd stehen gelassen werden), Grenzhunde (Parzellengrenzen zwischen Mähwiesen);
  • Weiher, Teiche, Tümpel, Wassergräben;
  • Nisthilfen.

Ökologische Bedeutung

Lebensraumstrukturen haben vielfältige Funktionen. Sie dienen

  • als Lebensraum;
  • als Leitelemente für die Fortbewegung/Wanderung;
  • als Vernetzungselemente für verschiedenste Tier- und Pflanzenarten.

Sie bieten

  • Nahrung;
  • Versteckmöglichkeiten;
  • Rast- und Überwinterungsplätze;
  • Brut- und Nistplätze;
  • Sitzwarten.

Lebensraumstrukturen leisten besonders in intensiv genutzten Tal- und Gunstlagen einen oft kleinräumigen, aber höchst wertvollen Beitrag zum ökologischen Ausgleich. Davon profitieren vor allem die heute zunehmend unter Druck stehenden Kulturlandarten.

Als charakteristische Elemente der traditionellen Kulturlandschaft hatten und haben verschiedene Lebensraumstrukturen auch einen ganz praktischen Nutzen. Beispiele:

  • Hecken als Windschutz und Brennholzquelle;
  • Lesesteinwälle zur Abgrenzung von Parzellen;
  • Einzelbäume als Schattenspender für das Vieh.

Nicht zuletzt tragen sie auch zu einem äusserst attraktiven Landschaftsbild bei.

Lebensraumstrukturen können aber auch im Siedlungsgebiet und in Privatgärten angelegt und gefördert werden. Hier sind sie ökologisch wichtige Kern- und Vernetzungselemente und wertvoll für das Wohlergehen der Bevölkerung.

Typische Lebewesen

  • Kleinsäuger wie Hermelin, Mauswiesel, Igel, Spitzmäuse, Mäuse oder Schläfer;
  • mittlere bis grössere Säugetiere wie Fuchs, Dachs, Steinmarder, Reh oder Feldhase;
  • Vögel wie Neuntöter, Schwarzkehlchen, Braunkehlchen, Goldammer, diverse Grasmücken, Meisen, Amsel, Wendehals, Turmfalke oder Mäusebussard;
  • Reptilien und Amphibien wie Zauneidechse, Mauereidechse, Schlingnatter, Ringelnatter, Kreuzotter, Erdkröte, Grasfrosch, Bergmolch oder Gelbbauchunke;
  • Fledermäuse wie Braunes Langohr oder Bartfledermaus;
  • Insekten wie Bienen, Schmetterlinge, Heuschrecken, Käfer;
  • andere Wirbellose wie Spinnen, Tausendfüsser, Schnecken usw.

Schutz

Lebensraumstrukturen sind gemäss Natur- und Heimatschutzgesetz grundsätzlich schützenswerte Biotope. Besonders wertvolle Lebensraumstrukturen sind im kantonalen Biotopinventar erfasst.

Hecken sind aufgrund des Jagdschutzgesetzes generell geschützt und dürfen nur mit einer Bewilligung entfernt werden (siehe auch Hecken und Feldgehölze). Weiter sind gemäss dem kantonalen Raumplanungsgesetz sämtliche Lebensraumstrukturen geschützt, die im Generellen Gestaltungsplan (GGP) aufgeführt sind.

Das Entfernen von Strukturen innerhalb eines Landschaftsqualitätsprojekts ist während der Vertragsdauer grundsätzlich untersagt. Ferner dürfen gemäss Natur- und Heimatschutzverordnung keine Lebensraumstrukturen beschädigt oder entfernt werden, wenn sie national oder kantonal geschützten Arten als Nest oder Brutstätte dienen.

Weitere Informationen zu Eingriffen in schützenswerte Lebensräume finden Sie hier.

Anlage und Pflege

So vielfältig wie die Lebensraumstrukturen sind auch deren Anlage, Pflege und Unterhalt. Details dazu finden sich in diversen Merkblättern der Schweizerischen Vereinigung für die Entwicklung der Landwirtschaft und des ländlichen Raums AGRIDEA.

Die folgende Übersicht zeigt, welche Strukturen welcher Pflege bedürfen.

  • Lesesteinhaufen und -wälle: periodisches Zurückschneiden / Freischneiden von stark wüchsigen Gehölzen und Sträuchern wie Hasel oder Brombeere. Einzelne Sträucher belassen, vor allem Dornensträucher. Bei der Mahd ist um die Lesesteinhaufen und Lesesteinwälle ein ca. 20–30 cm breiter Altgrasstreifen stehen zu lassen.
  • Trockenmauern: jährliche Kontrolle. Lose oder herausgefallene Steine wieder einbauen. Mehr dazu hier.
  • Einzelsteine: keine Pflege nötig.
  • Hecken, Feldgehölze, Sträucher: periodische Heckenpflege. Mehr dazu hier. 
  • Asthaufen und Totholz: keine Pflege nötig.
  • Einzelbäume / Biotopbäume: in der Regel keine Pflege nötig. Bei Sicherheitsbedenken kann ein fachgerechter Pflegeschnitt in Betracht gezogen werden.
  • Böschungen, Terrassen: Mahd gemäss Vertrag.
  • Säume, Blühstreifen, Buntbrachen, Rückzugstreifen, Grenzhunde: späte Mahd (Säume), Mahd alle zwei Jahre (Blühstreifen, Rückzugsstreifen), keine Mahd (Buntbrache, Grenzhunde). Überall: Neophytenbekämpfung.
  • Weiher, Teiche, Tümpel, Wassergräben: in der Regel keine Pflege nötig. Allenfalls gelegentliches Auslichten anstehender Gehölze und abschnittsweise späte Mahd der Ufervegetation (siehe auch Amphibienlaichgebiete).
  • Nisthilfen: jährliches Putzen / Ausmisten nach dem Brutgeschäft im Herbst. Mehr dazu hier.

Förderinstrumente

Lebensraumstrukturen werden im Kanton Graubünden über verschiedene Instrumente gefördert.

Landwirtinnen und Landwirte werden im Rahmen des Landschaftsqualitätsprojektes (LQ) für Anlage und Pflege diverser Strukturelemente entschädigt (siehe Landschaftsqualität – Direktzahlungen).

Alle nicht-landwirtschaftlichen Institutionen können Lebensraumstrukturen grundsätzlich mit Beiträgen aus Natur- und Heimatschutzgeldern finanzieren. Ein entsprechendes Beitragsgesuch kann beim Amt für Natur und Umwelt eingereicht werden.