Der Kanton will verschiedene Verbindungsstrassen an Gemeinden zurückgeben. Die
Regierung unterbreitet dem Grossen Rat eine Botschaft zur Aberkennung von 38
Verbindungsstrassen. Diese sollen von der kantonalen Strassenhoheit wieder in jene
der betroffenen Gemeinden überführt werden. Demgegenüber ist vorgesehen, acht
Strassen als kantonale Verbindungsstrassen zu anerkennen.
Gesetzliche Grundlage
Der Kanton sorgt für die strassenmässige Groberschliessung, während die Feinerschliessung Sache
der Gemeinden ist. Gemäss dem kantonalen Strassengesetz hat jede Gemeinde Anspruch auf
eine kantonale Verbindung zum Kantonsstrassennetz. Gleich verhält es sich bei Fraktionen, sofern
sie mindestens 30 Einwohner und Einwohnerinnen zählen. In Härtefällen kann der Grosse Rat
dieses Mindestquorum unterschreiten. Fallen die anspruchsbegründenden Voraussetzungen bei
Verbindungsstrassen zu Fraktionen nachträglich weg, ist der Anspruch abzuerkennen, sofern der
Gemeinde dadurch nicht unverhältnismässige Belastungen erwachsen. Vorhandene Strassen
gehen im bestehenden Zustand an die Gemeinde zurück. In der Botschaft werden alle kantonalen
Verbindungsstrassen aufgelistet, für die die vorstehenden Voraussetzungen nicht mehr bestehen.
Diese fallen auch dann weg, wenn zwei kantonale Verbindungen bestehen oder wenn eine
Kantonsstrasse nur noch dazu dient, Quartiere zu erschliessen.
Die Bedeutung der Verbindungsstrassen
Im Kanton Graubünden haben die Strassen eine sehr hohe Bedeutung für seine Besiedlung und
seine Wirtschaft. Die heutige Lebensgewohnheit und die Wirtschaft sind geprägt von einer
grossen Mobilität und von häufigen Gütertransporten auf der Strasse. Deshalb ist eine gute
Verkehrserschliessung für die Gemeinden, für ihre Einwohner und die dort domizilierten
Unternehmungen von ausserordentlichem Wert. Das gilt insbesondere für den Tourismus als
Wirtschaftsfaktor. In Graubünden, dem bedeutendsten Tourismuskanton der Schweiz, sind ungefähr
die Hälfte der Arbeitsplätze und des Volkseinkommens direkt oder indirekt dem Tourismus
zuzurechnen, wobei dieser Anteil in ausgeprägten Fremdenverkehrsgemeinden bis auf 90 Prozent
ansteigt. In Kombination mit der Landwirtschaft leistet der Tourismus in verschiedenen
Gegenden einen Beitrag für die wirtschaftliche Entwicklung und für die Erhaltung der Besiedlung
des Berggebietes. Die Realisierung dieser Entwicklung ist weitgehend von guten Strassen
abhängig. Diesen Zweck erfüllen die Hauptstrassen und die Nationalstrasse, für die entlegenen
Gemeinden aber noch mehr die Verbindungsstrassen, ist doch eine gute Erschliessung besonders
für die Entwicklungs- und Randregionen von unübersehbarem Vorteil.
Anerkennung von Verbindungsstrassen
Weil die gesetzlichen Voraussetzungen für die Übernahme von Strassen durch den Kanton erfüllt
sind, schlägt die Regierung gleichzeitig mit der Aberkennung dem Grossen Rat die Anerkennung
von acht neuen kantonalen Verbindungen vor. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass
der Kanton beinahe jährlich mit der Übernahme von neuen Strassenzügen ins Kantonsstrassennetz
konfrontiert wird. In den letzten 33 Jahren sind insgesamt 28 Botschaften an den Grossen Rat
ergangen, die sich entweder mit dem Austausch oder mit der Neuaufnahme von kantonalen
Verbindungsstrassen befasst haben. Damit ist die Gesamtlänge des Verbindungsstrassennetzes in
der Zwischenzeit um 61.780 km angewachsen. Dazu kommen neu acht Strassen in einer
Gesamtlänge von 8.720 km, die als kantonale Verbindungen anerkannt und vom Kanton
übernommen werden sollen (vgl. dazu separate Zusammenstellung).
Aberkennung der Verbindungsstrassen
Das gesamte Strassennetz des Kantons umfasst rund 130 km Nationalstrasse, 630 km
Hauptstrassen und 900 km Verbindungsstrassen. Die Grösse und die Siedlungsstruktur unseres
Kantons führen zu sehr hohen Aufwendungen im Strassenwesen. Graubünden ist denn auch der
Kanton mit den höchsten Ausgaben für das Verkehrswesen pro Kopf der Bevölkerung. Mehr als
die Hälfte des kantonalen Strassennetzes gehört zur Kategorie Verbindungsstrassen. An die
Nationalstrasse und an die Hauptstrassen leistet der Bund Beiträge, doch muss der Kanton für die
Finanzierung der Verbindungsstrassen ohne Hilfe des Bundes aufkommen. Obwohl in den
letzten Jahren rund 35 Mio. Franken für den Ausbau der Verbindungsstrassen ausgegeben
worden sind, befinden sich diese Strassen teilweise noch in einem schlechten Zustand. Daher ist
der Bedarf nach Massnahmen zur Erhaltung der Substanz und der Betriebsbereitschaft der
vorhandenen Strassen sehr gross. Dazu kommt, dass mit dem steten Zuwachs an neuen
kantonalen Verbindungen der Bau, Ausbau und die Erhaltung der Verbindungsstrassen immer
aufwendiger werden. Den berechtigten Verbindungsstrassen stehen jene Verbindungen gegenüber,
bei denen die Anspruchsberechtigung entfallen ist, weil das Mindestquorum an Bevölkerung nicht
erreicht wird, mehr als eine Kantonsstrasse vorliegt oder weil nur noch die Funktion als
Quartierstrasse besteht. Der Kanton hat sich auf jene Kantonsstrassen zu konzentrieren, welche
den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Deshalb muss das Aberkennungsverfahren
durchgeführt werden, denn ohne Rückgabe der Strassen, bei denen die Anspruchsberechtigung für
die Anerkennung von kantonalen Verbindungen nachträglich weggefallen ist, wird der Kanton
nicht mehr in der Lage sein, seinen Verpflichtungen zur Erhaltung und zum massvollen Ausbau
der Verbindungsstrassen nachzukommen. Darunter leiden aber die Besiedlungsstrukturen und
die Wirtschaft.
(Die einzelnen Strassenzüge im einzelnen vgl. separate Zusammenstellung)
Auskunftspersonen:
- Regierungsrat Luzi Bärtsch, Tel. 081-257 36 01
- Simon Henny, Rechtsdienst des Tiefbauamts, Tel. 081-257 37 05
Jahr: 1998