"Lehrabbruch - Was nun?" Unter diesem Titel ist vor kurzem eine
Untersuchung über den Lehrabbruch im Kanton Graubünden erschienen.
Verfasst wurde diese Studie von Hansjörg Wehrli, der bis Ende 1998 als
Schulleiter für die Hotel- und Touristikfachschule Chur tätig war und
jetzt als selbständiger Berater für verschiedene Schulen und
Institutionen tätig ist. Die Untersuchung wurde im Rahmen eines
Nachdiplomstudiums in Wirtschaftspädagogik der Universität St. Gallen
auf Anregung der Berufsberatung Graubünden durchgeführt.
Die Lehrvertragsauflösungsquote liegt im Mittel der Schweiz
Die Grundlage der Untersuchung bildet eine anonyme, schriftliche
Befragung, die in enger Zusammenarbeit mit dem Amt für Berufsbildung
Graubünden entstanden ist. Befragt wurden 395 Jugendliche, die zwischen
dem 1. Januar 1996 und dem 1. Juni 1998 von einer Lehrvertragsauflösung
(LVA) betroffen waren. Ausser den 395 befragten Personen, haben im
untersuchten Zeitraum 341 weitere Lehrtöchter und Lehrlinge ihre Lehre
aufgelöst. Da diese jedoch sofort nach ihrer LVA wieder eine neue Lehre
begonnen oder aber ihre Lehre in einem anderen Betrieb fortgesetzt
haben, wurden sie bei der Untersuchung nicht berücksichtigt. Setzt man
die Anzahl Lehrvertragsauflösungen in Beziehung zu allen bestehenden
Lehrverträgen des selben Zeitraums, so erhält man die sogenannte
Lehrvertragsauflösungsquote. Mit 6% liegt die Quote des Kantons
Graubünden im Durchschnitt der übrigen Schweizer Kantone.
Die Studie Graubünden beschreitet einen neuen Weg
Die in der Schweiz bestehenden Studien werden zu Beginn der nun
vorliegenden Untersuchung kurz vorgestellt. Sie gehen alle in erster
Linie der Frage nach den Gründen für eine LVA nach. Die Studie über den
Kanton Graubünden geht einen anderen Weg, sie fragt nicht nach den
Gründen für eine LVA, sondern nach dem beruflichen Verlauf nach einer
LVA. Das heisst, der Autor versucht zu ergründen, was Lehrabbrecherinnen
und Lehrabbrecher nach einer LVA gemacht haben. Diese Fragestellung ist
von zentraler Bedeutung für die zukünftige Berufsausbildung und den
Umgang mit LVAs.
Das Amt für Berufsbildung als erster Ansprechpartner
Wird beabsichtigt ein Lehrverhältnis aufzulösen, erhält das Amt für
Berufsbildung eine Mitteilung. Das Amt versucht nach Möglichkeit eine
LVA zu verhindern. Ist die LVA unabwendbar wird in Zusammenarbeit mit
dem Amt nach einer neuen Lösung gesucht. Gut die Hälfte der durch eine
LVA betroffenen Personen finden auf diese Weise sofort wieder eine neue
Lehrstelle. Über die andere Hälfte konnte bis anhin keine Auskunft
gegeben werden. Dies wird mit der Studie "Lehrabbruch - Was nun?"
versucht.
In 75 Prozent der Fälle führt der Lehrabbruch wieder zu einer neuen Lehrstelle
Die Untersuchung betrifft nur die Gruppe von Jugendlichen, die
direkt nach der LVA keine neue Lehrstelle hatten. Personen aus dieser
Gruppe haben ein Jahr nach der LVA zu 51 Prozent wieder eine neue
Ausbildung begonnen. Von den übrigen 49 Prozent möchte der grösste Teil
ebenfalls eine neue Berufslehre beginnen. Zusammengefasst kann also
gesagt werden, dass die Hälfte aller betroffenen Personen direkt nach
der LVA wieder einen neuen Lehrvertrag abschliesst. 50 Prozent der
anderen Hälfte hat, wie die jetzige Untersuchung zeigt, ein Jahr nach
der LVA ebenfalls wieder eine neue Lehrstelle gefunden. Somit kann
errechnet werden, dass mindestens 75 Prozent aller Lehrabbrecherinnen
und Lehrabbrecher im Berufsbildungssystem verbleiben. Über die übrigen
25 Prozent kann keine verlässliche Aussage gemacht werden.
Der zukünftige Umgang mit einer LVA
Um den zukünftigen Umgang mit einer LVA für die betroffenen Personen
zu erleichtern, werden am Schluss der Untersuchung einige Empfehlungen
aufgelistet. So sieht einer der Vorschläge vor, eine Art Mentorat
aufzubauen, um betroffenen Personen zu helfen. Ein anderer Vorschlag
richtet sich als Appell an die Gesellschaft. Während im akademischen
Bereich ein Wechsel der Studienrichtung akzeptiert wird, wird er im
Berufsbildungsbereich fast überbewertet. In Graubünden werden
Jugendliche, die eine Lehre abbrechen und nicht sofort einen anderen
Ausbildungsweg einschlagen, auf verschiedene Unterstützungsangebote von
Seiten des Kantons hingewiesen sowie seit 1999 auch nach Lehrabbruch
zusätzlich unterstützt.
Weitere Untersuchungen 1999/2000
Im Rahmen einer Dissertation wird im Schuljahr 1999/2000 eine
gesamtschweizerische Untersuchung erfolgen. Ein Ziel dieser weiteren
Untersuchungen ist es weitere Möglichkeiten zur Unterstützung von
Lehrabbrüchen zu erhalten.
Für Fragen stehen Ihnen zur Verfügung:
Der Autor
Hansjörg Wehrli
Lic oec publ
Nachdiplomstudium in Wirtschaftspädagogik an der Universität St.
Gallen
Bis Ende 1998 als Schulleiter an der HTF Hotel- und
Touristikfachschule Chur
Seit 1. Januar 1999 selbständig als Unternehmensberater im Bereich
Tourismus, Schulung, Projektmanagement.
Lehraufträge
- HWT Chur
- HTF Chur
- IbW Chur
Beratungsmandate im Bereich Marketing
- HTF Chur
- Academia Engiadina
Beratungsmandate in der Tourismuswirtschaft
- Hotels
- Reisebüro
Amt für Berufsbildung
Stefan Eisenring
Quaderstr. 17
7000 Chur
081/257 27 68
e-mail: info@afb.gr.ch
Gremium: Regierung
Quelle: dt Standeskanzlei Graubünden