Zum internationalen Tag des Waldes (21. März 2000)
Die Weisstanne ist ein bedeutendes Element unserer Wald-Ökosysteme.
Sie schützt steile Berghänge vor Erosionen, liefert den wertvollen
Rohstoff Holz und stellt eine Nische für verschiedene Waldbewohner dar.
In unserer kurzlebigen Welt ist sie aber auch manchen Gefahren
ausgesetzt. Deshalb wurde ihr der diesjährige Tag des Waldes gewidmet.
Die Tanne überragt mit ihren gigantischen Dimensionen und ihrem
hohen Alter die meisten zivilisatorischen Bauten und Kulturdenkmäler.
Welcher Förster denkt schon bei einer erfolgreichen Waldverjüngung mit
Weisstannen daran, was ein einzelner Baum auf dem langen Lebensweg
durchmacht und ob schliesslich sein Endprodukt, das Holz, nach 200 bis
250 Jahren überhaupt gebraucht werden kann? Langfristig nachhaltiges
Denken, unabhängig von Modeströmungen, gehört zum Alltag des Försters.
Dabei zeigt die Weisstanne eindrücklich, ob ihr die Umweltbedingungen
gefallen oder nicht. Halbschattige Lagen bei der Verjüngung und später
genügend Platz für die Ausbildung einer wohlproportionierten Krone sind
geeignete Voraussetzungen, damit sie sich auf den ihr zusagenden
frischen, tiefgründigen Standorten optimal entfalten und wertvolle
Holzsortimente produzieren kann. Solche Voraussetzungen wären in
Graubünden vor allem im Prättigau, an den schattigeren Hängen des Churer
Rheintals, der Surselva, des Hinterrheintals bis Andeer und in den
Südtälern Puschlav, Bergell, Misox und Calancatal gegeben. Durch ihr
tiefgreifendes Wurzelwerk trägt sie zur Schwammwirkung des Bodens bei
und verhindert damit oberflächlichen Wasserabfluss, Erosionen und
Hangrutschungen.
Tanne fördern
Leider wurde der ökologische Wert der Tanne während mehreren
Jahrzehnten verkannt, und das Holz der Fichte gegenüber jenem der Tanne
bevorzugt. In einigen Gegenden wurde sie fast systematisch eliminiert.
In tieferen Lagen der Föhntäler, am Rand ihrer natürlichen Verbreitung,
litt sie zunehmend unter der Mistel und vor allem unter der Trockenheit
und den Luftschadstoffen. In der Zwischenzeit haben sich die Meinungen
geändert. Mit grossem Aufwand wird versucht, sie nachzuziehen und
standortgerechte Mischwälder aufzubauen. Dies gelingt jedoch nur in
Zäunen, denn die junge Tanne steht punkto Beliebtheit bei Reh, Hirsch
und Gämse zuoberst auf dem Speisezettel.
Der Tanne können die Jagdorgane helfen, indem die Bemühungen zur
Anpassung der Schalenwildbestände fortgesetzt werden. Die potenziellen
Holzverwender und deren Verantwortliche werden ersucht, der vermehrten
Verwendung von Tannenholz wieder zum Durchbruch zu verhelfen und diesen
umweltschonend und nachhaltig produzierten Rohstoff in allen Bereichen
zu fördern. Ein jeder von uns dient der Erhaltung und Förderung der
Tanne, indem wir unnötige Störungen von Wildlebensräumen vermeiden und
zur Reduktion von Luftschadstoffen beitragen. Schliesslich geht der
Aufruf an die gesamte Bevölkerung, zu versuchen, die Eigenarten und
Ansprüche der Tanne zu verstehen, von ihr zu lernen und unsere
kurzfristigen Wertvorstellungen dem langfristigen Denken in Zeiträumen
von 100 bis 200 Jahren unterzuordnen.
Internationaler Tag des Waldes 2000
Der ITW 2000 will am Beispiel der Weisstanne aufzeigen, wie sich der
Wertewandel auf die Nachhaltigkeit im Wald und auf die Holzwirtschaft
auswirkt. Die Botschaften des ITW 2000 werden nur dann wirklich
verstanden, wenn möglichst viele Leute in "ihrem Wald" die Schönheit,
die Bedeutung und die Probleme um die Weisstanne sehen, erleben und
erkennen. Die Bevölkerung wird deshalb aufgerufen, an lokalen
Veranstaltungen der Forstdienste teilzunehmen oder weitere Anlässe
selber zu initiieren. Das Thema eignet sich insbesondere auch für
Schulklassen.
Neue Publikation
Die Broschüre "Giganten und Überlebenskünstler" informiert auf
einfache und verständliche Art über die Bedeutung und Gefährdung der
Weisstanne. Die Publikation wurde speziell für den Tag des Waldes vom
Forstinspektorat Graubünden herausgegeben. Sie kann bezogen werden über
Telefon 081-257 38 61.
Gremium: Forstinspektorat Graubünden
Quelle: dt Forstinspektorat Graubünden