Der Kanton Graubünden tut gemessen am Pro-Kopf-Einkommen
vergleichsweise viel für die Umwelt und die Bündnerinnen und Bündner
geben an, mit ihrem Haushalt-Einkommen heute besser zurecht zu kommen
als vor fünf Jahren.
Die Arbeitslosenquote und das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit
sind im interkantonalen Vergleich gering. Dies sind die für Graubünden
vorteilhaften Aspekte, welche eine Analyse der nachhaltigen Entwicklung
in acht Kantonen zu Tage förderte. Die von der Konjunkturforschung Basel
AG durchgeführte Studie zeichnet sich dadurch aus, dass erstmals eine
gesamtheitliche Betrachtung der drei Säulen nachhaltiger Entwicklung
angestellt wurde. Nachhaltige Entwicklung bedingt ein ausgewogenes
Verhältnis zwischen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit,
Umweltverträglichkeit und gesellschaftlicher Ausgewogenheit. Die
Verfasser der Studie behandeln auch Aspekte, bei denen Graubünden im
Vergleich zu anderen Kantonen schlechter abschneidet oder Nachholbedarf
aufweist. So liegt beispielsweise der Anteil der Schlüsselbranchen am
erwirtschafteten Bruttoinlandprodukt vergleichsweise tief und das
Einkommen der Haushalte und Erwerbstätigen rangiert am Schluss der
untersuchten Kantone. Die Unterschiede im Einkommen zwischen Frau und
Mann lagen in Graubünden am höchsten und beim Pro Kopf Energieverbrauch
belegt Graubünden den Spitzenplatz. Die dezentrale und alpine Lage
Graubündens und die Wirtschaftsstruktur sind Ursachen für gewisse
Nachteile, welche Graubünden im Vergleich zu anderen untersuchten
Kantonen aufweist. Es ist u.a. Ziel des Wirtschaftsleitbilds, auf solche
Nachteile künftig korrigierend einzuwirken.
Hoher Pro Kopf Energieverbrauch, aber abnehmende Tendenz
Mit 120 Gigajoule pro Einwohner war der Endenergieverbrauch im
Kanton Graubünden am höchsten der verglichenen Kantone (CH-Mittel 105
Gigajoule). Die Gründe dafür liegen einerseits bei der grossen Höhenlage
vieler Wohnlagen und Tourismusorte, welche eine höhere Anzahl von
Heizgradtagen zur Folge hat. Die ausgeprägte Orientierung der Wirtschaft
auf den Tourismus hat zudem zur Folge, dass auch viel Energie von Gästen
konsumiert wird, was den einwohnerbezogenen Pro-Kopf-Energieverbrauch
nach oben drückt. Auch die sehr energieintensiven Prozesse der
Zementproduktion, welche in Graubünden vertreten ist, tragen zu einem
hohen Energiebedarf bei. Zwischen 1985 und 1997 nahm in Graubünden der
Pro-Kopf Energieverbrauch erfreulicherweise um vier Prozent ab. Von den
übrigen untersuchten Kantonen konnte nur noch Luzern eine geringfügige
Abnahme des Energieverbrauches verzeichnen.
Gute Ökoeffizienz
Obwohl der Bündner Pro-Kopf-Energiekonsum im interkantonalen
Vergleich sehr hoch ist, liegen die Kohlendioxid-Emissionen pro
verdientem Franken etwa im schweizerischen Durchschnitt. Die
Schadstoffproduktion (Luftschadstoffe) wurde zwischen 1982 und 1998 in
Graubünden um 48 Prozent reduziert; etwa gleich stark wie in der ganzen
Schweiz, obwohl die Wertschöpfung pro Kopf weniger stark gewachsen ist
als im schweizerischen Mittel.
Wirtschaftsentwicklung: Graubünden versucht aufzuholen
Die Produktivität (Bruttowertschöpfung in Franken pro Arbeitsstunde)
lag in Graubünden tiefer als in den anderen betrachteten Kantonen.
Allerdings gibt die Entwicklung der 90-er Jahre Anlass zu Hoffnung, weil
die Produktivität stärker zugenommen hat als im schweizerischen
Durchschnitt. Das selbe Bild zeigt der Anteil des Bruttoinlandproduktes,
der in zukunftsträchtigen Schlüsselbranchen verdient wurde: Graubünden
bildet auch hier mit zehn Prozent (CH-Mittel: 30 Prozent) das
Schlusslicht. Das Wachstum zwischen 1990 und 1998 war aber
überdurchschnittlich hoch. Bei den Liberalisierungsbranchen
(Kommunikation, Verkehr, Energie) sind in Graubünden der Bestand und das
Wachstum überdurchschnittlich hoch.
Gesellschaftliche Aspekte: Grosse Einkommensunterschiede zwischen
Frauen und Männern, dafür geringe Arbeitslosigkeit und grosse
Zufriedenheit mit dem Einkommen.
Gemäss der Studie liegt in Graubünden das Erwerbseinkommen der
Frauen bei gut 50 Prozent des Einkommens der Männer. Dies ist der
tiefste Wert der betrachteten Kantone, die übrigen liegen zwischen 63
Prozent (Luzern) und 75 Prozent (Basel Stadt) und im Schweizerischen
Mittel beträgt der Wert 71 Prozent. Die Erklärung für den grossen
Unterschied in Graubünden ist vor allem in der Branchenstruktur mit
einem sehr hohen Anteil des Gastgewerbes zu suchen, in dem zudem viele
Teilzeit-Arbeitskräfte tätig sind.
Sehr positiv fällt die subjektive Einschätzung der
Einkommensentwicklung in den letzten fünf Jahren aus: Über vier Fünftel
der Bündnerinnen und Bündner gaben an, mit dem heutigen Einkommen gleich
gut oder besser zurechtzukommen als vor fünf Jahren. Diese günstige
Beurteilung könnte damit zusammenhängen, dass in ländlichen Gebieten die
Bevölkerung ihre Lebensumstände generell positiver einschätzt als in den
Städten.
Breit abgestützte Trägerschaft der Studie zur Nachhaltigkeit
Graubünden, vertreten durch die Ämter für Umwelt, Soziales sowie
Wirtschaft und Tourismus, beteiligte sich zusammen mit den Kantonen
Zürich, Zug, Bern, Luzern, Basel Stadt sowie Aargau und Solothurn an der
Erstellung dieser Studie. Für diese Kantone stand vor allem der
interkantonale Vergleich (Benchmark) im Zentrum des Interesses. Die
vorgestellte Studie geht aber auch auf einen Ländervergleich (USA,
Deutschland, Frankreich, Schweiz) sowie auf die Stadt-Land-Problematik
am Beispiel von Zürich ein. Zur Trägerschaft dieser Studie gehören die
Kantonalbanken von Zürich und Basel, die Bank Sarasin, Novartis, Pro
Infirmis, Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (SKOS), Pro
Senectute, Pro Juventute, Caritas, Roche, sowie Endress + Hauser.
Gremium: Departement des Innern und der Volkswirtschaft
Quelle: dt Departement des Innern und der Volkswirtschaft