Die Bündner Regierung nimmt den WEF-Bericht von Peter Arbenz zur
Kenntnis und unterbreitet diesen zusammen mit einem separaten
Begleitbericht dem Grossen Rat, der darüber in der November-Session
diskutieren wird.
Das Jahrestreffen des World Economic Forum (WEF) 2001 in Davos ist
von teilweise heftigen Protesten der Globalisierungsgegner begleitet und
überschattet worden. Dadurch entstanden zusätzliche Kosten für die
Sicherheit des Forums und dessen Umfeld. Vor allem aber wurden Fragen
zur Entwicklung und künftigen Durchführung des WEF aufgeworfen. Der
WEF-Ausschuss der Bündner Regierung beauftragte Peter Arbenz,
Unternehmensberater aus Winterthur und eine Projektgruppe, mit einem
Bericht über das WEF 2001 und dessen Zukunft. Die Analyse schlägt einen
neuen "Spirit of Davos" vor.
NGO's stärker einbeziehen
Der rund 70 Seiten umfassende Bericht von Peter Arbenz und seiner
Projektgruppe attestiert dem World Economic Forum hohe internationale
Bedeutung. Das Forum, 1971 von Klaus Schwab gegründet, ist nicht nur für
die Schweiz, sondern auch für viele Staaten ein Ort des Austauschs und
der Zusammenkunft geworden. Das WEF ist eine Plattform für einen
weltweiten politischen und wirtschaftlichen Dialog. Im Zentrum der
Diskussionen stehen Impulse für globale und regionale Entwicklungen, an
denen sich nicht nur Wirtschaftsführer und hohe Politiker beteiligen.
Vertreter der zivilen Gesellschaft gehören ebenso dazu.
Im Jahr 2001 kam es im Umfeld des WEF-Jahrestreffens zu vermehrten
Störmanövern und gewaltsamen Auseinandersetzungen, die Fragen nach der
langfristigen Durchführbarkeit und der Verhältnismässigkeit von
Sicherheitsmassnahmen aufwarfen. Unbestritten ist jedoch, dass
Unternehmer und Politiker die Probleme der Globalisierung nicht allein
lösen können. Die wirtschaftliche, soziale und umweltbezogene
Verantwortung lässt sich nur gemeinsam mit der Zivilgesellschaft tragen.
Der Bericht über das WEF spricht deshalb von der Notwendigkeit eines
offenen und konstruktiven Dialogs zwischen den Teilnehmern des WEF und
Basisbewegungen. Das WEF könnte so in Zukunft Bindeglied für einen
kooperativen Austausch verschiedener Akteure sein und darin eine
wichtige Aufgabe finden. Das Jahrestreffen sollte weiterhin von
Spitzenvertretern aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft besucht
werden. Die Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) müssten jedoch stärker
präsent sein.
Standort Davos und Sicherheitsmassnahmen
Nach den Ereignissen 2001 stellte sich die Frage, ob das
Jahrestreffen des WEF weiterhin in Davos realisierbar sei. Das Forum hat
den Höhen-Kurort international als Kongressort noch bekannter gemacht
und ist dort zur festen Institution geworden. Da jedoch die
Globalisierung mehr und mehr wirtschaftlichen, sozialen und politischen
Zündstoff enthält, wird das WEF voraussichtlich auch in Zukunft
Zielscheibe von Kritik und emotionsgeladenen Protesten in- und
ausserhalb von Davos sein. Nach den jüngsten Erfahrungen aus anderen
internationalen Konferenzen und Kongressen dürfte es auch bei künftigen
Jahrestreffen in Davos zu gewaltsamen Störaktionen kommen. Der Bericht
bewertet den Einsatz der Sicherheitskräfte am WEF 2001 grundsätzlich als
notwendig und verhältnismässig. Allerdings hätten die Massnahmen
vereinzelt zu ungerechtfertigten Zurückweisungen und Blockaden geführt.
Künftig sollten die polizeilichen Massnahmen räumlich eingeschränkt
werden. Für die Sicherheitskräfte wird es aber schwierig sein, zwischen
gesprächsbereiten Globalisierungsgegnern und gewaltorientierten Gruppen
zu unterscheiden.
Spirit of Davos setzt auf Offenheit und Dialog
Das WEF muss sich darauf einstellen, dass die Basisbewegungen,
Globalisierungsgegner und Kritiker zur globalen Diskussionsrunde gehören
und keinesfalls aus Sicherheitsgründen ausgeschlossen werden dürfen. Ein
Ausschluss käme einer Isolation und Bunkersituation gleich. Auch der
Kongress von Public Eye sollte ungehindert stattfinden dürfen. Dabei
sollten die Grundprinzipien des WEF nicht vermischt werden mit den Ideen
der Basisbewegungen. Ziel ist vielmehr ein kontinuierlicher Dialog im
Sinne einer Kultur der Meinungsvielfalt und konstruktiven
Auseinandersetzung. Basierend auf dieser Überlegung lancierte die
Projektgruppe die Idee eines "Spirit of Davos". Zu diesem Geist gehört
primär Offenheit. Gewaltorientierte Gruppen, die Krawalle den verbalen
Auseinandersetzungen vorziehen, müssten ausgeschlossen und damit ganz
klar von Basisbewegungen abgegrenzt werden. Der Schlussbericht
appelliert an die Kritiker, den Gewaltverzicht zum Programm zu erklären.
Der Auftritt aller Akteure am WEF soll transparent sein.
Sicherheitsmassnahmen liessen sich damit insgesamt reduzieren. Der
"Spirit of Davos" könnte eine Trägerschaft erhalten, bestehend aus
Vertretern des WEF, des Bundes, des Kantons Graubünden, der Landschaft
Davos Gemeinde, von Basisbewegungen und der Zivilgesellschaft.
Vorgeschlagen wird eine Initiativgruppe, die mit allen interessierten
Partnern das Gespräch aufnimmt und im Sinne des "Spirit of Davos"
Spielregeln entwickelt.
Spielfeld-Szenarien
Zum "Spirit of Davos" hat das Projektteam verschiedene
Grundszenarien erarbeitet, die dem WEF künftig als Basis zur Verfügung
stehen. Favorit ist das so genannte Spielfeld-Szenario. Es sieht vor,
dass Davos ein Ort der gewaltfreien, aber harten Gesprächs- und
Verhandlungskultur zwischen Globalisierungswilligen und -gegnern
darstellt. Zu diesem Szenario gehören auch Demonstrationen, wenn sie die
ausgehandelten Spielregeln unter dem Motto des "Spirit of Davos"
einhalten. Die wesentlichen Vorteile des Spielfeld-Szenarios sind:
-Abbau des Spannungs- und Konfliktpotentials
- Imageverbesserung für WEF, Davos und Schweiz
- Sinkende Sicherheitskosten
- Klare Trennung und Ausgrenzung von krawallbereiten Gruppen.
Ausblick 2002
Der skizzierte Weg des "Spirit of Davos" ist nicht von heute auf
morgen realisierbar. Deshalb empfiehlt die Projektgruppe die
Spielfeld-Minus-Variante. Das bedeutet, dass zuerst eine Initiativgruppe
und eine Trägerschaft aktiv werden muss, die den Grundstein für eine
veränderte Dialogkultur legt. Das Gespräch mit den Basisbewegungen ist
dringend, ebenso die Vorbereitung eines Kommunikations- und
Service-Centers. Auch die Spielregeln müssen aufgestellt werden. Die
Vision des "Spirit of Davos" müsste sich in der Durchführung des WEF
allmählich entwickeln und behaupten, damit Gegensätze eine Chance haben,
in gegenseitiger Wertschätzung zur Sprache zu kommen.
Die Bündner Regierung behält sich vor, die Sicherheitsrisiken
laufend neu zu beurteilen. Um die Sicherheit für das WEF 2002 und damit
dessen Durchführung zu gewährleisten, sind folgende Rahmenbedingungen
nötig:
- Die Beurteilung der Sicherheitsrisiken müssen eine verantwortbare
Durchführung des WEF 2002 erlauben.
- Die Unterstützung mit Personal und Material wird durch die Kantone
und den Bund im nachgesuchten Umfang gewährt.
- Der Grosse Rat stimmt dem beantragten Budget zu.
- Der Begleitbericht und die Haltung der Regierung zum WEF in Davos
werden vom Grossen Rat, von der Legislative der Landschaft Davos
Gemeinde und vom WEF akzeptiert.
- Das WEF und die Landschaft Davos nehmen für die Durchführung des
Annual Meetings Rücksicht auf die sicherheitsrelevanten Aspekte.
- Die gesprächsbereiten Globalisierungsgegner zeigen
Dialogbereitschaft und unterstützen die Schaffung eines Begegnungsforums
in Davos.
- Es werden klare polizeirechtliche Grundlagen für die notwendigen
sicherheitspolizeilichen Befugnisse geschaffen (Teilrevision der
Verordnung über die Kantonspolizei).
Hinweis:
Der volle Wortlaut des WEF-Berichts Arbenz wie auch des
Begleitberichts der Regierung findet sich im Internet: www.gr.ch, Rubrik
"Parlament" (pdf-Dateien mit Download-Möglichkeit).
Gremium: Regierung
Quelle: dt WEF-Ausschuss