Die Verfassungskommission hat eine umfassende Neuordnung der
Volksrechte und eine markante Änderung bei der Wahl des Grossen Rates
vorgeschlagen. Die einzelnen Punkte stossen in der Vernehmlassung auf
unterschiedliche Akzeptanz. Ein weiterer Blick in die Ergebnisse der
Vernehmlassung.
Von Regierungsrat Dr. Peter Aliesch
Vorsteher des Justiz-, Polizei- und Sanitätsdepartements Graubünden
Die Stimmberechtigten sollen über alle wichtigen Weichenstellungen
von Kanton und Gemeinden befinden können. Gleichzeitig wird vom Staat
verlangt, dass er zeit- und sachgerecht entscheidet. Um beiden Aspekten
zu entsprechen hat die Verfassungskommission eine umfassende Neuordnung
der Volksrechte (Stimm- und Wahlrecht, Volksinitiative, Referendum)
vorgeschlagen. Sie hat dabei darauf geachtet, dass das System der
direkten Demokratie im Gleichgewicht bleibt. Ein Abbau der Volksrechte
wäre weder rechtlich notwendig und sinnvoll noch politisch realisierbar.
Die markantesten Änderungen betreffen den Wechsel vom obligatorischen
zum fakultativen Referendum bei Gesetzen, die Senkung der nötigen
Unterschriftenzahl sowie die Einführung des konstruktiven Referendums.
Die Grundsätze stossen in der Vernehmlassung mehrheitlich auf
Zustimmung. Unterschiedliche Auffassungen bestehen vor allem darüber,
wie viele Unterschriften für das Zustandekommen eines Referendums nötig
sein sollen und ob dieses Recht auch einer gewissen Anzahl Gemeinden
zukommen soll. Die Anpassungen in Bezug auf die Volksinitiative sind
nahezu unbestritten. Dies gilt insbesondere für das vorgesehene
kantonale Rechtsmittel. Auch bei der Initiative sorgt vor allem die
Unterschriftenzahl für Diskussionen. Eine klare Mehrheit der
Stellungnahmen unterstützt auch die Möglichkeit für die Gemeinden,
Ausländerinnen und Ausländern in Gemeindeangelegenheiten das Stimm- und
Wahlrecht zu erteilen.
Eine der bedeutendsten und auch umstrittensten Änderungen im Entwurf
der Verfassungskommission betrifft die Wahl des Grossen Rates. Der
Vorschlag der Kommission sah vor, dass die Mitglieder des kantonalen
Parlaments neu in den elf Bezirken im Proporz-Wahlverfahren gewählt
würden. Diese reine Form des Proporzes auf Bezirksebene findet in der
Vernehmlassung keine Mehrheit. Dünnbesiedelte Gebiete und Randregionen
sollen auch weiterhin im Grossen Rat vertreten sein und Anspruch auf
einen Sitz haben. Verschiedene Stellungnahmen weisen darauf hin, dass
die Ausgestaltung des Wahlverfahrens auch von der Grösse des
Kantonsparlaments abhängig ist. Mehrere Kantone haben in den letzten
Jahren ihr Parlament verkleinert oder arbeiten zur Zeit daran. Ob der
bündnerische Grosse Rat ebenfalls verkleinert werden soll, wird im
Rahmen der laufenden Parlamentsreform geprüft und diskutiert.
Die Arbeiten an der Totalrevision der Kantonsverfassung beruhen auf
einem Grundsatzentscheid der Stimmberechtigten von September 1997. Die
Regierung hat eine 30-köpfige Verfassungskommission eingesetzt, um einen
Entwurf zu erarbeiten. Dieser Entwurf enthält verschiedene Neuerungen.
Die Ergebnisse der Vernehmlassung, die bis Ende März 2001 gedauert hat,
liegen nun vor. Der Entwurf der Kommission ist in der Vernehmlassung
grundsätzlich positiv beurteilt worden.
Mitteilung an die Medienschaffenden:
Dies ist die dritte Mitteilung einer Serie von insgesamt vier
Mitteilungen. Die ersten Mitteilungen fassten die Reaktionen zu
allgemeinen Fragen (Sprache, Stil, Verständlichkeit, Umfang des
Entwurfes) bzw. zum Sprachenrecht und zur Gliederung des Kantons
zusammen. In der letzten Mitteilung wird das weitere Verfahren
erläutert.
Gremium: Justiz-, Polizei- und Sanitätsdepartement Graubünden
Quelle: dt Justiz-, Polizei- und Sanitätsdepartement Graubünden