Der Voranschlag 2002 des Kantons Graubünden weist trotz günstiger
Wirtschafts- und Ertragslage ein hohes Defizit von 37,8 Mio. Franken in
der Laufenden Rechnung aus. Die erhoffte Trendwende bleibt aus. Das
Investitionsvolumen erhöht sich im Vergleich zum Vorjahresbudget
insgesamt um 48,7 Mio. auf 376,3 Mio. Franken. Die vom Kanton selbst zu
finanzierenden Nettoinvestitionen nehmen um 9,7 Mio. auf 163,4 Mio.
Franken zu.
Überlasteter Finanzhaushalt
Die Regierung hat den Voranschlag für das Jahr 2002 zuhanden des
Grossen Rates verabschiedet. Der Bündner Finanzhaushalt ist nach wie vor
überlastet. Nur dank grosser Anstrengungen sämtlicher Departemente und
Dienststellen und der Weiterführung der bisherigen Sparmassnahmen ist es
gelungen, das Defizit der Laufenden Rechnung zumindest unter das
Vorjahresdefizit zu senken. Gestartet wurden die Budgetverhandlungen mit
einem Aufwandüberschuss von mehr als 80 Mio. Franken. Die
Defizitperiode, die im Jahr 1997 begonnen hat, setzt sich trotz des
wirtschaftlich günstigeren Umfeldes fort. Diese unbefriedigende
Entwicklung ist im Wesentlichen auf die relativ hohe Ausgabendynamik
zurückzuführen. Hohe Zuwachsraten sind insbesondere in den Bereichen
Spitäler, Prämienverbilligung sowie Hoch- und Fachhochschulen zu
verzeichnen.
Ergebnisse in Kürze
Die Laufende Rechnung weist bei einem Gesamtaufwand von 2,035
Milliarden Franken und einem Gesamtertrag von 1,997 Milliarden Franken
ein Defizit von 37,8 Mio. Franken aus. Das Ergebnis liegt damit etwas
unter dem Budget-Fehlbetrag des Jahres 2001 von 41,6 Mio. Franken. Auf
der Einnahmenseite macht sich die wirtschaftliche Entwicklung positiv
bemerkbar. Bei den kantonalen Steuern ist - auf der Grundlage der
einjährigen Gegenwartsbemessung - ein Anstieg gegenüber dem
Vorjahresbudget um 32,9 Mio. Franken bzw. um 6,1 % auf 576,1 Mio.
Franken zu erwarten. Zudem darf mit rekordhohen Wasserzinseinnahmen von
58,4 Mio. Franken (langjähriger Durchschnitt 46 Mio.) gerechnet werden.
Ein erfreuliches Wachstum von 9,8 % bzw. von 29,7 Mio. Franken
verzeichnen sodann die Ertragspositionen "Anteile an den
Bundeseinnahmen" (+ 7,3 Mio.) und "Bundes-beiträge" (+ 22,4 Mio.) mit
Einnahmen von insgesamt 333 Mio. Franken. Bei den Vermögenserträgen
wirkt sich der Verzicht auf buchhalterische Aufwertungen von
Wertschriften und Liegenschaften (Vorjahr 15 Mio. Franken) einschränkend
aus. Derartige Massnahmen sind nur vorübergehend in Notzeiten
vertretbar. In den Steuererträgen des Kantons sind mit 3 Mio. Franken
auch die Erlöse aus den Beherbergungsabgaben enthalten. Aufgrund der
weiterhin sehr angespannten Finanzlage hat die Regierung von ihrer
Kompetenz Gebrauch gemacht, diese Abgabe bis Ende 2004 zu verlängern.
Mit einer Zunahme um 5,2 % bzw. um 100,5 Mio. Franken auf 2,035
Milliarden Franken entwickeln sich die Ausgaben praktisch parallel zu
den Einnahmen. Die Mehreinnahmen aus den verschiedenen Quellen werden
durch die Mehrausgaben fast vollständig absorbiert. Die Ausgabendynamik
ist bei den Kantonsbeiträgen mit einem Anstieg um insgesamt 16,5 Mio.
Franken1 bzw. um 4,0 % auf 430,4 Mio. Franken1 nach wie vor sehr hoch.
Sie setzt sich vor allem in jenen Bereichen durch, in welchen der Kanton
über den Voranschlag keine oder nur geringe Einflussmöglichkeiten hat.
Diese bestehenden strukturellen Ursachen können durch die längerfristig
ausgelegten Projekte Beitragsüberprüfung und Aufgabenüberprüfung
kurzfristig auch nicht entschärft werden. Eine weitere massive
Mehrbelastung von 25,2 Mio. Franken bzw. von 8,8 % resultiert aus der
Gruppe Sachaufwand mit einem Ausgabentotal von 311,3 Mio. Franken. Von
diesen Mehrausgaben entfallen 18,2 Mio. Franken auf das Strassenwesen,
insbesondere für den baulichen Strassenunterhalt. Demgegenüber hält sich
das Wachstum des Personalaufwands mit 2,7 % oder 8,3 Mio. Franken im
Rahmen. Die Abschreibungen auf dem Verwaltungsvermögen steigen - bei
unveränderten Abschreibungssätzen - um 13,4 Mio. Franken bzw. um 9 %
auf 162,3 Mio. Franken. Insgesamt 11,7 Mio. Franken dieses Mehraufwands
gehen zulasten der Strassenrechnung.
Die Spezialfinanzierung Strassen weist im Voranschlag 2002 ungedeckte Ausgaben
von 28,1 Mio. Franken aus (Vorjahresbudget 17,3 Mio.
Franken). Die entsprechend starke Zunahme der Strassenschuld wird die
nachfolgenden Jahre mit höheren Zinskosten belasten.
Die Bruttoausgaben in der Investitionsrechnung erhöhen sich im
Vergleich zum Vorjahresbudget um 48,7 Mio. Franken bzw. um 14,9 % auf
376,3 Mio. Franken. 24,1 Mio. Franken dieser Zunahme entfallen auf den
Ausbau der Nationalstrassen. Mit einer Investitionstranche von 6,3 Mio.
Franken für den Neubau des Werkhofs in Ilanz im Voranschlag 2002 können
diese Ausgaben erstmals ordentlich budgetiert werden (im Jahr 2001
mittels Nachtragskredit 5 Mio). In die kantonseigenen Hochbauten
ausserhalb des Strassenbereichs werden mit 20,7 Mio. gut 3,8 Mio.
Franken mehr investiert als im laufenden Jahr 2001. Die
Investitionsquote, d.h. der Anteil der bereinigten Investitionsausgaben
an den konsolidierten Gesamtausgaben, beträgt 18,4 % und liegt damit
über der Vorjahresmarke von 16,8 %. Nach Abzug der Investitionseinnahmen
von 218,3 Mio. Franken und ohne Berücksichtigung der sonderfinanzierten
Darlehen an die Landwirtschaftliche Kreditgenossenschaft und die
Arbeitslosenversicherung verbleiben Nettoinvestitionen zulasten des
allgemeinen Haushalts von 163,4 Mio. Franken (Vorjahresbudget 153,7 Mio.
Franken). Aus der Gegenüberstellung des erwarteten Totals an selbst
finanzierten Mitteln (Selbstfinanzierung) von 93,9 Mio. Franken und der
massgebenden Nettoinvestitionen resultiert ein Finanzierungsfehlbetrag
von 69,5 Mio. Franken (Vorjahresbudget 64,1 Mio. Franken). Mit einem
Selbstfinanzierungsgrad von 57,5 % können die Nettoinvestitionen
wiederum nur etwas mehr als zur Hälfte aus dem Mittelzufluss der
Laufenden Rechnung finanziert werden. Für den nicht gedeckten Teil im
Umfang des Finanzierungsfehlbetrages wird zusätzliches Fremdgeld
beansprucht werden müssen.
Konsequenzen und Ausblick
Das veranschlagte Defizit der Laufenden Rechnung liegt mit 37,8 Mio.
Franken über jenem Wert, der noch Aussicht auf einen ausgeglichenen
Rechnungsabschluss bietet. Die Vorgabe des Grossen Rates liegt bei 40
Mio. Franken, diejenige der Regierung lag bei maximal 30 Mio. Franken.
Der Selbstfinanzierungsgrad von 57,5 % (Vorjahr 58,3 %) ist ebenfalls
nicht befriedigend. Er schlägt sich in der Gesamtrechnung mit einem
Finanzierungsfehlbetrag von 69,5 Mio. Franken (Vorjahr 64,1 Mio.)
nieder. Das Eigenkapital hat sich von 127,2 Mio. Franken Ende 1996 auf
84,6 Mio. Franken Ende 2000 abgebaut. Es steht ausschliesslich zur
Deckung von Defiziten in wirtschaftlich schlechten Zeiten zur Verfügung.
Auf der Ausgabenseite besteht kurzfristig kein Spielraum, die
Situation wesentlich zu verbessern. Massgebend für die weitere
Haushaltsentwicklung sind zudem Entscheide auf Bundesebene
(Krankenversicherung, Steuerreformen), welche den Kantonshaushalt ganz
erheblich aus dem Gleichgewicht bringen können. Mittelfristig ist eine
Entlastung nur dann möglich, wenn einerseits die Ausgabenpolitik
zurückhaltender wird und andererseits die wirtschaftliche Entwicklung an
Schwung gewinnt. Ohne nachhaltige Verbesserung der Finanzlage und ohne
Einschränkung der bis anhin stetig angewachsenen Leistungsansprüche
gegenüber dem Staat kann eine Erhöhung des Steuerfusses kaum mehr
vermieden werden bzw. wird eine solche immer wahrscheinlicher.
Gremium: Finanz- und Militärdepartement Graubünden
Quelle: dt Finanzverwaltung