Die Gliederung des Kantons bildet einen Schwerpunkt der neuen
Verfassung. Die Vorberatungskommission des Grossen Rates unterstützt
grundsätzlich den Vorschlag der Regierung. Sie will jedoch die regionale
Zusammenarbeit stärken. Ihr Antrag verbindet Bewährtes mit notwendigen
Reformen und trägt den Gegebenheiten im Kanton Graubünden Rechnung.
Die Totalrevision der Kantonsverfassung verfolgt das Ziel, ein
modernes, bürgernahes und zukunftsgerichtetes Grundgesetz zu schaffen,
das auf gewachsenen Grundlagen aufbaut und heutigen wie zukünftigen
Anforderung genügen kann. Dieser Grundsatz soll nach Meinung der
grossrätlichen Vorberatungskommission auch für die Gliederung des
Kantons gelten. Der Aufbau des Kantons bildet einen Schwerpunkt des
zweiten Teils der neuen Kantonsverfassung, den die Kommission unter dem
Vorsitz von Barla Cahannes Renggli und Andrea Brüesch im Hinblick auf
die Sondersession des Grossen Rates Ende August im Beisein von
Regierungsrätin Eveline Widmer-Schlumpf beraten hat. Die Kommission
erachtet den flexiblen Ansatz der Regierung, der die Gemeinden stärken
und die regionale Zusammenarbeit fördern will, grundsätzlich als
zielgerichtet. Die Vernehmlassung hat klar gezeigt, dass die Lösung des
ursprünglichen Entwurfes abgelehnt wird, der sieben Regionen als starre
Verwaltungsebene vorgesehen hatte.
Zwischen den 209 Gemeinden und der kantonalen Verwaltung bestehen
etwa 500 Formen der Zusammenarbeit zwischen Gemeinden auf lokaler und
regionaler Ebene. Deshalb ist es richtig, wenn der Kanton die
Zusammenarbeit zwischen Gemeinden bis hin zu Fusionen fördert. Die
Kommission erachtet es zudem als wichtig, dass im Bereich der
Zusammenarbeit gewisse Mindeststandards vorgeschrieben werden. Dabei
geht es insbesondere um die Mitwirkungsrechte der Bevölkerung, damit die
Zusammenarbeit nicht zulasten der Stimmberechtigten geht. Eine wichtige
Rolle spielen heute die Regionalorganisationen. Die Kommission ist daher
klar der Auffassung, dass diese Formen der Zusammenarbeit besonders zu
fördern sind. Aus diesem Grund sollen die Regionalverbände in der neuen
Verfassung prägnanter erwähnt und somit gestärkt werden. Aufgrund der
bisherigen Erfahrungen schreibt die Verfassung den Regionalverbänden
eine öffentlich-rechtliche Grundlage vor. Die Kreise bleiben weiterhin
bestehen, da sie in vielen Fällen taugliche Zwischengefässe für das
Erfüllen von öffentlichen Verwaltungsaufgaben sind. Mit ihrem
zukunftsträchtigen Vorschlag will die Kommission, dass sich bestehende
Strukturen sinnvoll weiter entwickeln können, ohne jedoch gebietsfremde
Lösungen aufzuzwingen.
Bei den weiteren Anträgen der Vorberatungskommission fallen vor
allem jene zu Staat und Kirchen auf. Die Kommission schlägt vor, die
heutige Verfassungswirklichkeit der öffentlichen Anerkennung der Kirchen
präziser wiederzugeben. Änderungen sind aus ihrer Sicht nicht nötig.
Weiter sollen die Steuerkompetenzen gleich wie beim Staat geregelt
werden. Dies bedeutet, dass sich die genauen Zuständigkeiten vor allem
aus dem Gesetz und nicht aus der Verfassung ergeben. Noch im Gang sind
die Beratungen zum Abschnitt über die öffentlichen Aufgaben. Denn die
Kommission prüft einen Mittelweg zwischen dem Vorschlag der Regierung
und dem Vernehmlassungsentwurf der früheren Verfassungskommission.
Während der ursprüngliche Verfassungsentwurf eine umfassende Regelung
der einzelnen Aufgabenbereiche vorsah, will die Regierung die Aufgaben
nur beispielhaft aufzählen.
Eine Verfassung drückt in grundsätzlichen Bestimmungen aus, wie die
Bürgerinnen und Bürger ihren Staat in Bezug auf die öffentlichen
Aufgaben, die Behördenorganisation sowie ihre Rechte und Pflichten
ausgestalten wollen. Sie muss versuchen, die Gemeinsamkeiten innerhalb
des Kantons zu erfassen. Sie bietet die umfassende Gelegenheit, Reformen
und Anpassungen dort vorzunehmen, wo die geltende Verfassung nicht mehr
zeitgemäss ist.
Am 28. September 1997 haben die Stimmberechtigten beschlossen, die
Verfassung des Kantons Graubünden einer Totalrevision zu unterziehen.
Die Regierung setzte im Januar 1998 eine ausserparlamentarische
Kommission ein und beauftragte sie mit der Ausarbeitung einer neuen
Verfassung. Im Rahmen einer breiten Vernehmlassung, die bis Ende März
des letzten Jahres dauerte, konnten sich alle interessierten Personen
und Gruppierungen zum Vorentwurf dieser Kommission äussern. Gestützt auf
die Ergebnisse der Vernehmlassung hat die Regierung Anfang dieses Jahres
Botschaft und Entwurf an den Grossen Rat gerichtet. Der Grosse Rat hat
im Juni mit der Beratung der Vorlage begonnen und einen Drittel der
Bestimmungen diskutiert. Im August setzt er die Beratung fort. Die
zweite Lesung findet voraussichtlich in der Oktober-Session statt. Im
nächsten Jahr entscheiden dann die Stimmberechtigten des Kantons über
die neue Verfassung.
Gremium: Vorberatungskommission des Grossen Rates
Quelle: dt Vorberatungskommission des Grossen Rates