Die Sprachkultur in Graubünden, dem "Kanton der drei
Landessprachen", ist einem starken und stetigen Wandel ausgesetzt wie
kaum in einem anderen Schweizerkanton. Deutsch wurde durch die
demografische und sprachliche Entwicklung gestärkt. Der Erosionsprozess
des rätoromanischen Sprachgebietes hat sich fortgesetzt. Italienisch hat
zwar als Hauptsprache eingebüsst, doch ist es als Zweitsprache so stark
verbreitet, dass sein Anteil insgesamt leicht zugenommen hat. Dies zeigt
die Auswertung der kürzlich vom Bundesamt für Statistik veröffentlichten
Volkszählungszahlen 2000 durch das Amt für Wirtschaft und Tourismus
Graubünden.
Hauptsprache
In Graubünden geben 68.3 % der Bevölkerung Deutsch als Hauptsprache
(d.h. die Sprache, in welcher jemand denkt und die am besten beherrscht
wird) an, 14.5 % Rätoromanisch und 10.2 % Italienisch. Nur 0.5 %
sprechen die Landessprache Französisch.
6.5 % der Bevölkerung in Graubünden sprechen eine ausländische
Hauptsprache. Portugiesisch (3'099) und Serbisch/Kroatisch (3'036) sind
am stärksten vertreten. Darauf folgen Albanisch (1'277), Spanisch (852),
Englisch (699), Niederländisch (475) und Türkisch (370). Bei einem
Ausländeranteil von 15.1 % der Bevölkerung bedeutet dies, dass ein
grosser Teil der Ausländerinnen und Ausländer, hauptsächlich Angehörige
eines Nachfolgestaates des ehemaligen Jugoslawien und die grosse
Mehrheit der zweiten Generation, sich einer schweizerischen
Landessprache als Hauptsprache bedienen.
Seit 1990 hat die deutschsprachige Bevölkerung 12.4 % zugenommen,
der Sprachanteil Deutsch ist gleichzeitig um 4.5 % gewachsen. Die
italienischsprachige Bevölkerung ist unverändert geblieben, der
Sprachanteil hat jedoch 7.4 % verloren. Die romanischsprachige
Bevölkerung, in den letzten zehn Jahren um 8.9 % vermindert, hat ihren
Sprachanteil um 15.3 % eingebüsst. In fünf Bündner Gemeinden hat sich
die Sprachmehrheit zu Gunsten des Deutschen geändert (Laax, Surcuolm,
Alvaschein, Brienz/Brinzauls und Patzen-Fardün). Die ausländischen
Sprachen haben im gleichen Zeitabschnitt 7.3 % bei einem
Bevölkerungszuwachs von 15.5 % zugenommen.
Über einen längeren Zeitraum ist die sprachliche Entwicklung
verstärkt wahrnehmbar. Vor 50 Jahren sprachen in Graubünden noch 56.2 %
Deutsch, 29.3 % Rätoromanisch, 13,2 % Italienisch und 1.3 % Französisch
und ausländische Sprachen. Von 1950 bis 2000 hat somit die deutsche
Sprache um 21.5 % zugelegt, während Rätoromanisch 50.6 % und Italienisch
22.5 % an Sprachanteilen verloren hat. Der Anteil der ausländischen
Sprachen hat sich gleichzeitig verzwölffacht.
In der Schweiz entfallen 63.7 % (1950 = 72.1 % und 1990 = 63.6 %)
auf Deutsch, 20.4 % (1950 = 20.3 % und 1990 = 19.2 %) auf Französisch,
6.5 % (1950 = 5.9 % und1990 = 7.6 %) auf Italienisch, 0.5 % (1950 = 1.0
% und 1990 = 0.6 %) auf Rätoromanisch und 9.0 % (1950 = 0.7 % und 1990 =
8.9 %) auf ausländische Sprachen.
Ein- und Mehrsprachigkeit (Umgangssprachen)
Rund 64 % der Gesamtbevölkerung in Graubünden sprechen eine, 22 %
sprechen zwei, 7 % sprechen drei oder vier Landessprachen. Von den
Schweizerinnen und Schweizern sprechen 65 % eine, 23 % zwei und 8 % drei
oder alle vier Landessprachen. Bei der ausländischen Wohnbevölkerung
sprechen 57 % eine, 19 % zwei und 4 % drei oder vier Landessprachen.
Nebst den 127'755 Einwohnern mit deutscher Hauptsprache sprechen
23'105 Personen oder 12 % der Bevölkerung Deutsch als Fremdsprache.
11'365 Personen oder 6 % sprechen zusätzlich Rätoromanisch. Italienisch
als Fremdsprache sprechen 22'759 Personen oder 12 % der Bevölkerung.
Dies ergibt eine Häufigkeit der Umgangssprachen (Haupt- und
Fremdsprache) von 61 % für die deutsche, 16 % für die rätoromanische, 17
% für die italienische und 6 % für die französische Landessprache.
Die wachsende Mobilität, die starke Zunahme neuer
Kommunikationstechnologien und der Trend zum Multilinguismus fördert in
Graubünden das Deutsch als die meistverbreitete Sprache. Aber auch die
englische Sprache gewinnt ständig an Bedeutung, nimmt sie doch auf dem
ganzen Gebiet der Wissenschaft, im internationalen Handel und z.T. auch
im Tourismus eine vorherrschende Stellung ein. Rund 10 % der Bündner
Bevölkerung sprechen Englisch.
Unter dieser Entwicklung leidet die Minderheitssprache
Rätoromanisch. Ausserkantonal sprechen nur 0.4 bis 2.1 Promille der
Bevölkerung Rätoromanisch als Hauptsprache. Gesamtschweizerisch sind es
35'095 Personen oder 5 Promille, 11.4 % (Graubünden - 8.9 %) weniger als
1990. In der Rangliste der Hauptsprachen (Schweiz) figuriert
Rätoromanisch mit an 12. Stelle (1990 = 10. Stelle). Das 1982 als
Einheitssprache geschaffene Rumantsch Grischun, 1996 zur offiziellen
Amtssprache erhoben, kann diesem Abbröckeln nicht entgegenwirken.
Gremium: Amt für Wirtschaft und Tourismus Graubünden - Statistik
Quelle: dt Amt für Wirtschaft und Tourismus Graubünden - Statistik