Im November 2002 ist Graubünden der Grenzpartnerschaft "EURES
TransTirolia" beigetreten. Rund 1500 Grenzgängerinnen und Grenzgänger pendeln täglich
oder wöchentlich zwischen Südtirol, Tirol und Graubünden. Rund 1000
davon haben ihren Arbeitsort in Graubünden. Sie stammen mehrheitlich aus
dem Vinschgau und dem Bezirk Landeck und arbeiten im Münstertal, in
Samnaun sowie im Engadin innerhalb eines Grenzkorridors von rund 20 km
zur Landesgrenze. Für die genannten Regionen sind die Grenzgängerinnen und Grenzgänger wirtschaftlich von grosser Bedeutung, da es sich um qualifizierte,
deutschsprachige Arbeitskräfte handelt. Unter dem Titel "Drei Regionen,
ein Wirtschaftsraum, ein Arbeitsmarkt" hat EURES TransTirolia die
Gemeinsamkeiten und Unterschiede der drei Regionen in der
Wirtschaftsstruktur und im Arbeitsmarkt untersucht.
EURES (EURopean Employment Services - Europäische
Arbeitsverwaltungen) ist eine von der Europäischen Union geförderte
Initiative. Sie hat zum Ziel, die grenzüberschreitende Mobilität von
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu fördern, um so zur Entwicklung eines europäischen
Arbeitsmarktes beizutragen. Zur regionalen Förderung der
grenzüberschreitenden Mobilität wurden in ganz Europa 21 so genannte
"EURES-Grenzpartnerschaften" gegründet, darunter auch EURES
TransTirolia.
Starke Tourismusabhängigkeit
Eine effiziente Förderung der grenzüberschreitenden Erwerbstätigkeit
setzt voraus, dass die Arbeitsmarktbehörden die Wirtschaftsstruktur und
die spezifischen Arbeitsmarktverhältnisse der Partnerregionen kennen.
Aus diesem Grunde haben sich die Partner von EURES TransTirolia
entschlossen, eine Studie in Auftrag zu geben, die die Gemeinsamkeiten
und Unterschiede der drei Regionen in der Wirtschaftsstruktur und im
Arbeitsmarkt untersucht.
Die Studie führt zu teilweise recht interessanten und unerwarteten
Resultaten. So etwa wurde festgestellt, dass der prozentuale Anteil
ausländischer Gäste im Tirol 92 Prozent, im Südtirol 65,2 Prozent und im
Kanton Graubünden lediglich 45,8 Prozent beträgt. Trotzdem generierte
Graubünden in der Vergleichsperiode 2000/01 mit 12,2 Millionen
Übernachtungen den höchsten Pro-Kopf-Anteil, nämlich 65,6 Übernachtungen
pro Einwohner; Tirol deren 60,3 und das Südtirol 52,9. Die Studie hält
fest, dass die drei Partnerregionen von EURES TransTirolia gemeinsam zu
den weltweit bedeutendsten Tourismusgebieten gehören.
Saisonale Beschäftigungsschwankungen
Allen drei Regionen gemeinsam sind die saisonalen
Beschäftigungsschwankungen. Interessant ist dabei die Feststellung, dass
in Graubünden die saisonalen Schwankungen der Arbeitslosenzahlen
insbesondere im Gastgewerbe weniger stark ausgeprägt sind als in den
beiden anderen Regionen. Zudem wird festgestellt, dass der prozentuale
Anteil der Arbeitslosen aus dem Tourismus und Gastgewerbe in Graubünden
ebenfalls tiefer ist als in Südtirol und Tirol.
Während einer Übergangsfrist von fünf Jahren ab Inkrafttreten der
bilateralen Verträge dürfen Grenzgängerinnen und Grenzgänger nur innerhalb von
bestimmten Grenzzonen diesseits und jenseits der Grenze rekrutiert resp.
beschäftigt werden. Die Studie gelangt zum Schluss, dass diese
Einschränkung die Mobilität behindert und die Zahl der Grenzgängerinnen und Grenzgänger nach Aufhebung dieser Mobilitätshemmnisse je nach Wirtschaftslage stark
ansteigen könnte.
Weitere Mobilitätshindernisse
Nebst den geografischen erkennt die Studie verschiedene weitere
Mobilitätshindernisse. Als wichtigste werden die folgenden genannt.
- Die Informationsquellen sind verstreut. Es gibt keine so genannten
"one stop shops", wo Interessenten alle für sie relevanten Informationen
(offene Stellen, Anerkennung der Qualifikationen,
Sozialversicherungsrecht, Steuerrecht etc.) erhalten können
- Stellenausschreibungen sind oft nur in Lokalzeitungen
veröffentlicht, die für Ausländer umständlich zu beschaffen sind
- Die Tätigkeitsbeschreibung der Berufe und die dafür notwendigen
Qualifikationen sind verschieden.
Die beste Informationsquelle zur grenzüberschreitenden Suche nach
offenen Stellen und qualifizierten Mitarbeitern ist die Jobdatenbank auf
der Homepage von EURES TransTirolia www.eures-transtirolia.org.
Anerkennung von Qualifikationen
Die Arbeitsmarktbehörden der EURES-Grenzpartnerschaften beschäftigen
speziell ausgebildete EURES-Beraterinnen und -Berater. Es handelt sich dabei um
qualifizierte Personalberaterinnen und -berater, die Stellensuchende zur
grenzüberschreitenden Erwerbstätigkeit resp. zum Stellenantritt in
irgendeinem anderen EU/EFTA-Land beraten. Die EURES-Beraterinnen und -Berater pflegen
gegenseitig Kontakte innerhalb des gesamten EU/EFTA-Raumes und
unterstützen sich gegenseitig bei der Beschaffung von Informationen.
Trotz bilateralen Abkommen und Anstrengungen um die gegenseitige
Anerkennung von Berufsdiplomen können viele Arbeitskräfte nicht im
Ausland arbeiten, weil ihre Qualifikation noch nicht anerkannt wird.
Betroffen sind vor allem Berufe im Gesundheitssektor. Die Abklärungen,
welche Diplome wo anerkannt werden und welche allfälligen
Zusatzausbildungen für die Anerkennung notwendig sind, sind nach wie vor
äusserst schwierig. Unterstützung bietet der "european jobguide"
(Berufsbildungsatlas www.european-jobguide.org), der umfassend über die
Fragen der Anerkennung von Qualifikationen im Gebiet von EURES
TransTirolia und auch in anderen europäischen Ländern informiert.
Gremium: Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit
Quelle: dt Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit