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Claudio Lardi, Regierungsrat

Der Grosse Rat hat den Fremdsprachenunterricht an den Bündner Sekundar-, Real- und Oberstufenkleinklassen abgestimmt auf die Bündner Verhältnisse und Bedürfnisse sowie auf die übergeordneten schweizerischen Zielsetzungen geregelt. Er hat dies verantwortungsbewusst getan im aufrichtigen Bestreben, für die Bündner Schülerinnen und Schüler aber auch für unseren dreisprachigen Kanton das bestmögliche Konzept zu finden, welches auch noch Platz lässt für wichtige Nichtsprachfächer.

Die Ausgestaltung des Fremdsprachenunterrichts überzeugt - dies bestätigt ein Gutachten - auch unter sprachwissenschaftlichen Gesichtspunkten. Sie gewährleistet im Unterricht jene Kontinuität, welche für das Erlernen einer Sprache entscheidend ist. Dem Konzept liegt die Überzeugung zu Grunde, dass unsere drei Kantonssprachen vollwertige Landessprachen und ein wertvolles Gut sind, dessen Förderung und Pflege auch mit Blick auf unsere Wirtschaft richtig ist. Die sprachliche Situation in Graubünden ist eben anders als in einsprachigen Kantonen, dazu darf und soll man stehen. Dass alle Jugendlichen zusätzlich die Weltsprache Englisch lernen, ist unumstritten. Weil aber auch Französisch seine Bedeutung hat, stellte der Grosse Rat sicher, dass jede Schülerin und jeder Schüler bei entsprechendem Willen die Möglichkeit hat, an der Volksschul-Oberstufe Französisch zu lernen.

Am 30. November 2003 stimmen Sie, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, über die so genannte Spracheninitiative ab. Diese Initiative ist aus bildungspolitischen, wirtschaftlichen und sprachpolitischen Gründen abzulehnen.
1. Die Initiative überfordert Schülerinnen und Schüler, welche andere als sprachliche Begabungen haben und grenzt jene mit Lernschwierigkeiten aus. In keinem anderen Kanton denkt man daran, ein Experiment mit den Schülerinnen und Schülern zu wagen, wonach in der 1. Klasse der Real- und der Sekundarschule mit dem Fremdsprachenunterricht in der zweiten Landessprache und in Englisch neu begonnen wird. Für Schülerinnen und Schüler der 7. Klasse bringt die Initiative:
- Zum Teil massive Erhöhung der Pflichtlektionenzahl; z.B. 40 Pflichtlektionen, wovon 15 Sprachlektionen pro Woche für Romanischsprachige,
- gleichzeitigen Unterrichtsbeginn in zwei Fremdsprachen, womit auch die Kontinuität beim Sprachenlernen verloren geht,
- unnütze Zwischenstunden, Komplikationen bei Schülertransporten,
- späteren Schulschluss und weniger Zeit, um Aufgaben zu machen, am Familienleben teilzunehmen, Freifächer zu belegen oder um sich ausserschulisch (Musik, Sport) zu betätigen.
2. Die Initiative ist für die Volksschule und die Gemeinden organisatorisch kaum umsetzbar und verursacht jährlich Mehrkosten von rund 5 Millionen Franken für Kanton und Gemeinden.
3. Die Schulen müssen zusätzliche Sprachpflichtlektionen pro Klasse in die Unterrichtsplanung einbeziehen, Unterrichtszimmer bereit stellen, die erforderlichen Lehrpersonen anstellen und erforderliche Schülertransporte organisieren.
4. Die Initiative schwächt die Kantonssprachen Italienisch und Romanisch. Bereits der Titel "Initiative zur Wahrung der Chancengleichheit für Bündner Jugend" kann das "Gefühl" vermitteln, die im Kanton verwendeten Landessprachen seien zwar nett; Chancengleichheit habe aber nur, wer unsere Kantonssprachen links liegen lasse.
5. Italienischbünden wird diskriminiert: Aus Italienischbünden kämen schweizweit die einzigen Jugendlichen ohne obligatorischen Englischunterricht.
6. Verliererin bei Annahme der Initiative wäre sicher und in jedem Fall eine Kantonssprache. Selbst das eingeholte sprachwissenschaftliche Fachgutachten hält fest, die Initiative bringe fürs Französische wenig und schwäche die Kantonssprachen.

Der Grosse Rat empfiehlt Ihnen mit 93 : 6 Stimmen, die Initiative abzulehnen. Ich empfehle Ihnen mit der Regierung aus Überzeugung, NEIN zu stimmen zur sprach- und bildungspolitisch verfehlten Initiative zur Wahrung der Chancengleichheit für Bündner Jugend.

Gremium: Erziehungs-, Kultur- und Umweltschutzdepartement
Quelle: dt Erziehungs-, Kultur- und Umweltschutzdepartement
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