Die geltende Kantonsverfassung macht ein neues Gesetz über die Gemeinde- und
Kirchensteuern notwendig. Es bildet die künftige Grundlage für die Gemeinden und
Kirchen, Steuern zu erheben. Mit dem neuen Gesetz soll das Steuerrecht auch einfacher,
übersichtlicher und einheitlicher ausgestaltet werden.
Die Gemeinden, Landeskirchen und Kirchgemeinden haben eine vom Kanton
abgeleitete Steuerhoheit. Es kommt ihnen eine Steuerhoheit also nur in dem Umfang zu,
in dem ihnen diese vom Kanton auch zugestanden wird.
Die alte Kantonsverfassung enthielt eine Bestimmung, welche den Gemeinden und
Kirchen direkt das Recht einräumte, Steuern zu erheben. Die geltende
Kantonsverfassung kennt dagegen keine solche Bestimmung mehr. Die Steuerhoheit der
Gemeinden und Kirchen muss in Zukunft in einem Gesetz geregelt werden. Dies soll im
neuen Gesetz über die Gemeinde- und Kirchensteuern (GKStG) erfolgen. Mit diesem
Gesetz sollen die erforderlichen gesetzlichen Grundlagen für die Erhebung der
verschiedenen Steuern von Gemeinden, Landeskirchen und Kirchgemeinden geschaffen
werden. Die Regierung hat die entsprechende Botschaft zu Handen des Grossen Rates
verabschiedet. Dieser wird in der August-Session darüber beraten.
Mehr Transparenz und Rechtssicherheit
Die Einräumung der Steuerhoheit zugunsten von Gemeinden und Kirchen kann
grundsätzlich auf drei Arten ausgestaltet werden:
- Als abschliessende Regelung der kommunalen Steuer im kantonalen Recht; die
Gemeinden müssen nur noch die Höhe der betreffenden Steuer und die zuständige
Behörde festlegen.
- Als Rahmengesetzgebung mit Konkretisierung im jeweiligen
Gemeindesteuergesetz; die Gemeinden haben einen begrenzten gesetzgeberischen
Spielraum.
- Als blosse Delegationsnorm; den Gemeinden kommt eine hohe
Gesetzgebungsautonomie zu.
Der Entscheid zugunsten der einen oder anderen Regelung kann nicht generell erfolgen.
Er muss vielmehr in Abhängigkeit zur Steuerart getroffen werden. Für unterschiedliche
Steuerarten müssen unterschiedliche Wege beschritten werden. Die Einschränkungen
sollen dort stärker sein, wo die heutigen Regelungen schon sehr einheitlich sind oder wo
uneinheitliche Regelungen die Rechtsanwendung erschweren. Es soll eine optimale
steuerrechtliche Lösung sowohl für die Gemeinden wie auch für die Steuerpflichtigen
geschaffen werden.
Abschliessende Regelungen im Kanton
Die Regelungen der kommunalen Einkommens- und Vermögenssteuern weichen
heute kaum vom kantonalen Recht ab. Sie sollen deshalb auch im GKStG vereinheitlicht
werden. Die Gemeinden erheben eine Steuer in Prozenten der einfachen Kantonssteuer.
Veranlagungsverfügungen, Einsprache- und Beschwerdeverfahren betreffend die
Kantons- und Gemeindesteuern ergehen gleichzeitig.
Für die Grundstückgewinnsteuer gelten die gleichen Überlegungen, mit der
Ausnahme, dass die Gemeinden auf der kommunalen Grundstückgewinnsteuer keinen
Steuerfuss festsetzen dürfen. Die kommunalen Regelungen weichen heute kaum vom
kantonalen Recht ab, weshalb sie im GKStG vereinheitlicht werden sollen. Neben der
Veranlagung inklusive Rechtsmittelverfahren soll auch das Inkasso in den Händen des
Kantons liegen.
Die gesetzlichen Grundlagen der Handänderungssteuer sind in den 207 Gemeinden
sehr unterschiedlich geregelt. Das führt zu Schwierigkeiten in der Veranlagungspraxis
und beeinträchtigt die Rechtssicherheit, was von den Gemeinden immer wieder
bemängelt wird. Aus diesem Grunde enthält das GKStG eine abschliessende Regelung.
Die Gemeinde kann nur mehr die Höhe der Handänderungssteuer (maximal 2%)
festlegen. Die Gemeinden verlieren hier einen Teil ihrer Autonomie, gewinnen aber an
Effizienz und Kompetenz in der Rechtsanwendung. Die Handänderungssteuer wird auch
in Zukunft von den Gemeinden veranlagt und bezogen.
In der Liegenschaftensteuer kennen heute die allermeisten Gemeinden praktisch
wörtlich identische Bestimmungen. Aus diesem Grund soll auch die
Liegenschaftensteuer im GKStG abschliessend geregelt werden. Eine abschliessende
Regelung führt faktisch nicht zu einer Aufhebung der Gemeindeautonomie; es wird
lediglich die heutige Rechtswirklichkeit im GKStG zementiert. Die Steuererhebung erfolgt
zusammen mit den Einkommens- und Vermögenssteuern beziehungsweise Gewinn- und
Kapitalsteuern. Für den Bezug der Liegenschaftensteuer ist weiterhin die Gemeinde
zuständig.
Kommunale Gesetzgebungsautonomie
In der Erbschafts- und Schenkungssteuer soll wegen der Vielfalt der heutigen
Regelungen und wegen der unterschiedlichen Ausgestaltung der Steuersätze eine
Vereinheitlichung unterbleiben. Die Gemeinden sollen in diesem Bereich weiterhin
selbständig gesetzgeberisch tätig werden und die Steuer selbständig veranlagen und
beziehen können. Allerdings können die Gemeinden nur mehr eine
Seitenerbschaftssteuer erheben; Ehegatten, eingetragene Partnerinnen und Partner
sowie direkte Nachkommen sind zwingend von der Steuer zu befreien.
Kurtaxe und Tourismusförderungsabgabe sind heute in den Gemeinden sehr
unterschiedlich ausgestaltet. Hier sollen die Gemeinden weiterhin in der Gesetzgebung
autonom bleiben. Eine Delegation von Veranlagung und Bezug an den Tourismusverein
ist auch in Zukunft möglich.
Maximalsätze
Wenn der Kanton die Steuerhoheit delegiert, muss er auch Maximalsätze festlegen.
Im bestehenden Recht hat die Regierung die Liegenschaftensteuer auf 1‰ und für
ausgleichsberechtigte Gemeinden auf 1.5‰ begrenzt. Um die Finanzierungsmöglichkeiten
der Gemeinden auszudehnen, soll der Maximalsatz der Liegenschaftensteuer neu auf 2‰
erhöht werden. Dabei wird nicht mehr zwischen finanzstarken und finanzschwachen
Gemeinden unterschieden.
Eine Erhöhung des Maximalsatzes bedeutet noch nicht automatisch eine Erhöhung
der Liegenschaftensteuer. Die Gemeinden werden zu entscheiden haben, welcher
Steuersatz ins Gemeindesteuergesetz aufgenommen werden soll.
Aufhebung der Wettbewerbsverzerrung
Im geltenden Recht sind die selbständigen Anstalten des Kantons generell von der
Liegenschaften- und Handänderungssteuer befreit. Neu soll entscheidend sein, ob die
betreffenden Liegenschaften unmittelbar öffentlichen Zwecken dienen. Liegenschaften
kantonaler Anstalten, die nicht unmittelbar öffentlichen Zwecken dienen, sollen aus
Gründen der Wettbewerbsneutralität nicht mehr anders behandelt werden als alle
übrigen Liegenschaften. Von dieser Neuerung werden vor allem die Kantonale
Pensionskasse, die Graubündner Kantonalbank und die Gebäudeversicherungsanstalt
betroffen sein.
Gremium: Regierung
Quelle: dt Standeskanzlei Graubünden