Die Dreisprachigkeit als Wesensmerkmal des Kantons soll gestärkt und
gesetzlich verankert werden. Die Bündner Regierung hat dazu die
Botschaft betreffend Erlass eines Sprachengesetzes an den Grossen Rat
verabschiedet. Dieser wird das Geschäft in der Oktobersession beraten.
Ausgangspunkt für den Erlass eines kantonalen Sprachengesetzes ist
der Sprachenartikel in der neuen Kantonsverfassung. Das neue
Sprachengesetz regelt zunächst den Gebrauch der drei kantonalen
Amtssprachen Deutsch, Rätoromanisch und Italienisch durch den Grossen
Rat, die Regierung, die Verwaltung und die kantonalen Gerichte. Bei
diesen Regelungen handelt es sich grösstenteils nicht um neue
Festlegungen, sondern um die Verankerung der Praxis, die bereits vor dem
Inkrafttreten der neuen Kantonsverfassung bestand. In Bezug auf
Rumantsch Grischun beschränken sich die gesetzlichen Regelungen auf den
Amtssprachengebrauch auf kantonaler Ebene. Über die Verwendung von
Rumantsch Grischun auf Gemeinde- beziehungsweise Kreisebene macht das
Gesetz keine Aussagen. Für die Einführung von Rumantsch Grischun in der
Schule bleibt weiterhin das Grobkonzept der Regierung vom Dezember 2004
massgebend.
In einem zweiten Teil regelt das neue Sprachengesetz die Massnahmen,
mit denen die kantonalen Minderheitensprachen Rätoromanisch und
Italienisch erhalten und gefördert werden sollen. Die Sprachenförderung,
welche bisher im kantonalen Kulturförderungsgesetz verankert ist, wird
somit ins Sprachengesetz überführt. Inhaltlich werden die hergebrachten
Grundsätze nur unwesentlich geändert. Als neues Steuerungsinstrument
erhält der Kanton aber die Möglichkeit, mit den Sprachenorganisationen
Leistungsvereinbarungen abzuschliessen. Ebenfalls neu ins Sprachengesetz
aufgenommen wird die Möglichkeit, den Austausch zwischen den
Sprachgemeinschaften zu fördern.
Schliesslich regelt das Gesetz, wie die Amts- und Schulsprachen der
Gemeinden und Kreise festgelegt werden und wie der Kanton mit diesen
Körperschaften bei der Bestimmung ihrer Amts- und Schulsprachen
zusammenwirkt. Unter Beachtung der Gemeindeautonomie und der heute
geltenden Gegebenheiten werden die Gemeinden einem bestimmten
Sprachgebiet zugeordnet. Diese Regelungen setzen das in der
Bundesverfassung und in der Kantonsverfassung verankerte
Territorialitätsprinzip pragmatisch um. Gemeinden mit über 50 Prozent
von Angehörigen einer angestammten Sprachgemeinschaft gelten als
einsprachige Gemeinden, solche mit einem Anteil zwischen 20 und 50
Prozent als mehrsprachig. Abgestellt wird dabei auf die Ergebnisse der
aktuellen eidgenössischen Volkszählung. Fällt in einer Gemeinde der
Anteil der angestammten Sprachgemeinschaft unter 20 Prozent, wird das
Verfahren über den Wechsel der Amts- und Schulsprache angewendet. Dieser
Schritt verlangt in den jeweiligen Gemeinden einen klaren, demokratisch
gefällten Entscheid der Bevölkerung. Um die Interessen der sprachlichen
Minderheiten gebührend zu berücksichtigen, müssen zwei Drittel der
Stimmenden diesem Wechsel zustimmen. Frühere Beschlüsse von Gemeinden
über einen Sprachwechsel werden von diesen Bestimmungen des
Sprachengesetzes nicht tangiert.
Das Sprachengesetz ist das Ergebnis eines breit angelegten
Vernehmlassungsverfahrens. Es berücksichtigt die Vorgaben des
Völkerrechts und erfüllt die sprachenrechtlichen Ziele des
Verfassungsrechts von Bund und Kanton. Die Regierung ist überzeugt, dass
sie mit dem kantonalen Sprachengesetz dem Grossen Rat eine zeitgemässe,
der besonderen sprachenrechtlichen Situation im Kanton Graubünden
Rechnung tragende Vorlage unterbreitet.
Gremium: Regierung
Quelle: dt Standeskanzlei Graubünden