Die Stabsstelle für Chancengleichheit von Frau und Mann des Kantons
Graubünden hat an einer Informationsveranstaltung in Landquart eine
Studie über Freiwilligenarbeit der Bündner Frauenorganisationen
vorgestellt. Die Studie "Gratis, aber nicht umsonst" zeigt, dass
ehrenamtliches Engagement in Graubünden weit verbreitet ist und eine
grosse Bedeutung hat.
Erstmals wurden in einem Schweizer Kanton das Ausmass und der Wert
der Freiwilligenarbeit von Frauen detailliert erhoben. Wie stark sich
Bündnerinnen in den 23 wichtigsten Frauenorganisationen ehrenamtlich
engagieren, zeigt die Studie der Stabsstelle für Chancengleichheit von
Frau und Mann "Gratis, aber nicht umsonst". Diese ist am UNO-Tag der
Freiwilligenarbeit, am 5. Dezember 2008, an einer
Informationsveranstaltung im Forum im Ried in Landquart vorgestellt
worden. Als Gastreferentinnen konnten Lotti Latrous, Schweizerin des
Jahres 2004, die in den Slums von Abidjan arbeitet und Gabriella
Baumann-von Arx, Verlegerin und Autorin von drei Büchern über Lotti
Latrous gewonnen werden. Ebenfalls teilgenommen hat Regierungsrat
Claudio Lardi, Vorsteher des Erziehungs-, Kultur- und
Umweltschutzdepartements. Er wies in einem Grusswort auf die Bedeutung
der Freiwilligenarbeit für die Gesellschaft hin. In Landquart ist zudem
eine Resolution verabschiedet worden, die eine grössere Anerkennung und
Wertschätzung der Freiwilligenarbeit fordert. Am Aktionstag beteiligte
sich auch die Stiftung Benevol.
Studie zeigt Ausmass und Bedeutung der gemeinnützigen
Tätigkeit
Über 16'000 Frauen sind Mitglied in einer Bündner Frauenorganisation
oder in einem Frauenverein. Während eines Vereinsjahres protokollierten
zehn Organisationen den zeitlichen Aufwand für ihre gemeinnützige
Tätigkeit; sie und weitere 13 Organisationen beantworteten zudem einen
Fragebogen zur Struktur der Organisationen, zur Mitgliederzahl, dem
Sammeln von Spenden und ihren Aktivitäten. Die Daten wurden
hochgerechnet und lassen sich so zusammenfassen:
- 16124 Frauen oder 29% der erwachsenen Frauen sind Mitglieder in
einer der 23 Bündner Frauenorganisationen (ohne Sportvereine).
- 108'070 Stunden setzten die Frauen in 23 Frauenorganisationen
während eines Jahres für ihre gemeinnützige Tätigkeit ein.
- 31 Stunden pro Jahr beträgt der durchschnittliche Zeitaufwand einer
in einer Frauenorganisation aktiven Frau.
- Präsidentinnen von Frauenvereinen setzen durchschnittlich 127
Stunden pro Jahr für ihr Engagement ein. Vorstandsfrauen
durchschnittlich 100 Stunden pro Jahr.
- 5,6 Mio Franken beträgt der monetäre Wert des ehrenamtlichen
Engagements von Frauen während eines Jahres. Jede aktive Frau verzichtet
mit ihrer Freiwilligenarbeit auf ein Einkommen von ca. 1500 Franken pro
Jahr.
- 475'154 Franken sammeln die Frauen in den 23 Bündner
Frauenorganisationen an Spenden für einen guten Zweck.
- 81% der Spendengelder gehen an Projekte und Organisationen in
Graubünden, der grösste Teil davon an Frauen- und Familienprojekte. 18%
der Spendengelder gehen in die Schweiz, 1% ins Ausland.
Ehrenamtliches Engagement ist in Graubünden weit verbreitet. Über
ein Drittel der Bevölkerung arbeitet gemeinnützig in einer Organisation
mit. Zusammen mit dem Kanton Luzern liegt Graubünden damit an der Spitze
aller Schweizer Kantone. Frauen setzen sich sehr stark in der so
genannten informellen Freiwilligenarbeit ein, das heisst in der
Nachbarschaftshilfe oder beim Betreuen von Kindern, alten Menschen und
Behinderten. Zusätzlich leisten Frauen immer noch 90 Prozent der
(unbezahlten) Haus- und Familienarbeit. Die Studie "Gratis, aber nicht
umsonst" befasst sich jedoch nicht mit diesen Engagements, sondern mit
der Gemeinnützigkeit innerhalb von Organisationen, das heisst mit der
institutionalisierten Freiwilligenarbeit.
Die Studie "Gratis, aber nicht umsonst" will nicht nur das Ausmass
der oft im Verborgenen geleisteten Freiwilligenarbeit von Frauen
sichtbar machen. Sie richtet das Augenmerk auch auf ihre
gesellschaftliche Bedeutung. Das ehrenamtliche Engagement von Frauen
verdient mehr Beachtung, Anerkennung und Wertschätzung. Frauenvereine
tragen vor allem auch in den Dörfern viel zum sozialen Zusammenhalt bei
und sind Teil des gemeinschaftlichen Netzwerks; sie ermöglichen durch
ihre Spendentätigkeit viele, manchmal auch kleine Projekte und
Aktivitäten zugunsten von anderen Frauen, Kindern und Familien. Viel zu
wenig beachtet wird das grosse Potenzial an Innovation und Kreativität
der Freiwilligenarbeit. Frauenorganisationen gehören in Graubünden in
vielen Bereichen zu den Pionierinnen im Sozialwesen, der Bildung, im
Gesundheitswesen und in der Kultur. Zahlreiche Institutionen in unserem
Kanton gehen auf Initiativen von Frauen und Frauenorganisationen zurück.
Ihre Einbindung in die politischen Entscheidungsprozesse erscheint
allerdings mangelhaft. Auch ist in Graubünden die Bedeutung eines
ehrenamtlichen Engagements von Mitarbeitenden für die Unternehmen noch
zu wenig anerkannt. Kaum bekannt ist die Aneignung von
Schlüsselqualifikationen für die berufliche Tätigkeit durch
Freiwilligenarbeit und deren (lohnrelevante) Wertschätzung, wie sie etwa
im Sozialzeitausweis zum Ausdruck kommt.
Die Studie "Gratis, aber nicht umsonst" kann bei der Stabsstelle
für Chancengleichheit von Frau und Mann, Loestrasse 37, 7000 Chur
bestellt werden:
E-Mail:
info@chancengleichheit.gr.ch oder Tel. 081 257 35 70
Gremium: Stabsstelle für Chancengleichheit
Quelle: dt Stabsstelle für Chancengleichheit