Nach dreissigjähriger Tätigkeit als Denkmalpfleger des Kantons
Graubünden, tritt Dr. Hans Rutishauser Ende Juni in den Ruhestand. In
seiner Wirkenszeit hat er im Kanton Graubünden den Umgang mit den
Baudenkmälern nachhaltig geprägt.
Der aus dem Kanton Zürich stammende Dr. Rutishauser hatte unter
anderem durch seine Doktorarbeit über das ehemalige
Prämonstratenser-Kloster Churwalden eine Beziehung zu den Bündner
Kunstdenkmälern aufgebaut. Der Kunsthistoriker übernahm am 1. Juni 1978
seine Aufgabe von Alfred Wyss, dem ersten Bündner Denkmalpfleger. Auf
ihn wartete viel Arbeit, präsentierten sich doch im Kanton zahlreiche
Baudenkmäler und Ortsbilder in unerfreulichem Zustand. Nach und nach
entwickelte und festigte sich das von Dr. Rutishauser entscheidend
beeinflusste denkmalpflegerische Bewusstsein bis hin zum Verständnis
nach heutiger Prägung mit erheblicher Nähe zum wichtigen
Wirtschaftszweig Tourismus.
Am Ende der beruflichen Tätigkeit zeigt sich deutlich, dass Dr.
Rutishauser in sehr vielen Fällen seine Begeisterung auf Privatpersonen
und Baubehörden übertragen konnte. Heute ist kaum eine Kirche zu finden,
die nicht in den letzten Jahrzehnten restauriert wurde. Der kantonale
Denkmalpfleger begleitete unzählige Erneuerungsarbeiten an Baudenkmälern
unseres Kantons. So wurden etwa in Disentis alle 17 Kirchen konserviert
und restauriert. Zu den bedeutendsten ''seiner" Baustellen zählen wohl
das Kloster Müstair - seit 1983 UNESCO-Weltkulturerbe - , die Kirche Zillis und als eine
der letzten die Churer Kathedrale. Er beschäftigte
sich mit mittelalterlichen Malereien in kleineren Kirchen wie in Lavin,
Pitasch, San Gian (Celerina) genauso wie mit grösseren Barockkirchen
etwa in Vrin, Tinizong, Sedrun.
Zu den betreuten Objekten zählen sowohl ''Klassiker" der
Denkmalpflege wie auch zahlreiche Denkmaltypen mit denen Neuland
beschritten wurde. Zahlreiche Burgruinen wurden in Zusammenarbeit mit
dem Archäologischen Dienst konserviert, aber auch die Aufgaben der
Gartendenkmalpflege ausgelotet wie beim Fontanapark in Chur. Der Idee
der - heute touristisch erfolgreichen - historischen Hotels verhalf Hans
Rutishauser als Präsident der entsprechenden ICOMOS-Arbeitsgruppe zum
Durchbruch. Drei Jahrzehnte brachten auch einen gewissen Wandel in der
denkmalpflegerischen Haltung: Galt es einmal einen bestimmten
historischen Zustand eines Gebäudes ''herbeizurestaurieren", zu
rekonstruieren, so stand später die ungeschmälerte Erhaltung
verschiedener Bauphasen, der historischen Substanz als Ganzes im
Vordergrund. Diesem Leitgedanken folgend ist ein historisches Original
unersetzlich, eine formale Kopie belanglos.
Die Arbeit als Denkmalpfleger bringt naturgemäss nicht nur Freude
mit sich. Als Fürsprecher des baulichen Kulturgutes sah er sich auch mit
schmerzenden Verlusten und nicht erwünschten Abbrüchen konfrontiert.
Seine positive Grundhaltung, sein Engagement und seine ansteckende
Begeisterung liessen Dr. Hans Rutishauser seinen Auftrag stets mit
unverbrauchter Überzeugung und jugendlichem Elan erfüllen. Glücksgefühle
vermittelten ihm all jene Fälle, in welchen der ehemalige
''Schandfleck" im Dorf ein millionenteures Schmuckstück, die verfallene
Kapelle ein kunsthistorisches Kleinod, oder der angeblich abbruchreife
Altbau zum städtebaulichen Fixpunkt wurde.
Als Vermittler und Erforscher der einheimischen Kunst- und
Architekturgeschichte hat Dr. Rutishauser Anerkennung und hohe
Wertschätzung erlangt. Bereits heute legendär sind darüber hinaus seine
faszinierenden Führungen mit glasklaren und fesselnden Erläuterungen. Es
bleibt zu wünschen, dass Dr. Hans Rutishauser als Kulturvermittler noch
für viele Jahre in unserem Kanton Zuhörerinnen und Zuhörer in seinen
Bann zieht.
Marcus Casutt wird neuer kantonaler Denkmalpfleger
Nachfolger von Hans Rutishauser als kantonaler Denkmalpfleger wird
Marcus Casutt, der bisherige operative Leiter der Denkmalpflege. Der
42-jährige Kunsthistoriker ist in Chur und Felsberg aufgewachsen, hat
die Bündner Kantonsschule besucht und in Zürich und Hamburg studiert.
Nach Tätigkeiten bei der Denkmalpflege des Kantons Thurgau und am
Institut für Denkmalpflege der ETH Zürich kehrte er vor zweieinhalb
Jahren wieder nach Graubünden zurück.
Gremium: Erziehungs-, Kultur- und Umweltschutzdepartement
Quelle: dt Erziehungs-, Kultur- und Umweltschutzdepartement