Seit 2021 läuft das Forschungsprojekt «CVMBAT» zu einem Kampfplatz des späten 1. Jahrhunderts v. Chr. in der Crap Ses-Schlucht im Surses. Der Archäologische Dienst Graubünden führt zusammen mit der Vindonissa-Professur der Universität Basel und der Arbeitsgemeinschaft Prospektion Schweiz zweiwöchige Geländearbeiten durch. Am 17. September ist die Bevölkerung zu einer Besichtigung vor Ort eingeladen, um mehr über die aktuellen Erkenntnisse und das neueste Fundmaterial zu erfahren.
Die Eroberung des Alpenbogens im Feldzug des Jahres 16/15 v. Chr. setzte den Schlusspunkt hinter die Eingliederung der heutigen Schweiz und damit auch Graubündens ins Römische Reich. Die Adoptivsöhne von Kaiser Augustus – Tiberius und Drusus – führten eine Zangenbewegung über das Rhonetal und die Burgunder Pforte bzw. über den Reschenpass und den Brenner aus. Vermutlich gleichzeitig erfolgte auch über die Bündner Pässe ein militärischer Vorstoss. Durch das Bergell und über den Septimerpass marschierte ein römischer Truppenverband und stiess weiter in Richtung Tiefencastel vor. Unmittelbar vor der Crap Ses-Schlucht kam es offenbar zu einem kriegerischen Zusammenstoss mit lokalen Kämpfern.
Ein Kampfplatz im Surses
Seit 2021 untersucht das Forschungsprojekt «CVMBAT» (romanisch: Gefecht) die Spuren dieses Kampfes. So finden sich im antiken Gefechtsfeld heute noch hunderte Schuhnägel und Schleudergeschosse aus Blei, Pfeilspitzen von tragbaren Geschützen, Gürtelschnallen und ein Schildbuckel. Diese Waffen repräsentieren die römische Seite. Die lokalen Truppen können vor allem durch Schwert- und Schwertscheidenteile sowie Lanzenspitzen gefasst werden. Diese systematische und flächendeckende Untersuchung erlaubt es, mögliche Szenarien für den Ablauf des Gefechtes zu rekonstruieren. Denn historische Quellen, die diesen Kampf im Oberhalbstein beschreiben würden, sind nicht überliefert.
Von Chiavenna zum Crap Ses
In Verbindung mit den Forschungen von Werner Zanier (Bayerische Akademie der Wissenschaften) zum antiken Militärlager auf dem Septimerpass kann die Route einer römischen Militäreinheit nun über 60 Kilometer verfolgt werden: von der Flussebene der Mera südlich von Chiavenna über den Septimerpass bis in den Bereich der Crap Ses-Schlucht – und dies 2000 Jahre, nachdem Teile der 3., 10. und 12. Legion diesen Marsch unter ihre Füsse bzw. unter die genagelten Sohlen nahmen. In der Fortsetzung sind die Soldaten wohl über die Lenzerheide nach Chur und weiter an den Bodensee gezogen. Dafür fehlen bisher aber Nachweise in Form archäologischer Funde.
Zusammenarbeit mit Universitäten und Laien
Ein wissenschaftliches Forschungsprojekt dieser Dimension übersteigt den Aufgabenbereich des Archäologischen Dienstes, weshalb als Kooperationspartner die Vindonissa-Professur der Universität Basel gewonnen werden konnte. Zudem unterstützen Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Prospektion Schweiz (AGP) das Projekt «CVMBAT» ganz im Sinne der sogenannten Konvention von Faro mit ihrem Wissen. Die 2019 von der Schweiz ratifizierte Konvention von Faro fordert und fördert unter anderem die Teilhabe der Bevölkerung am Kulturerbe. Bei «CVMBAT» arbeiten Ehrenamtliche der AGP zusammen mit Studierenden, um mit ihrem grossen Können im Auffinden von Metallfunden bzw. ihrem Fachwissen zu Metallfunden zu helfen. Als weiterer Partner kommt 2022 das Institut für Geomatik der Fachhochschule Nordwestschweiz dazu. Studierende und Mitarbeitende dieses Instituts werden im Rahmen einer Lehrveranstaltung Geländemodelle erstellen, die für die wissenschaftliche Rekonstruktion des historischen Kampfgeschehens eingesetzt werden.
Alle Interessierten können sich am Samstag, 17. September, von 10 bis 15 Uhr am Parkplatz Burvagn ein Bild von diesen neuesten Forschungsergebnissen machen.
Fotobeilagen:
Foto 2, Foto 3
Auskunftspersonen:
zuständig: Amt für Kultur / Archäologischer Dienst Graubünden