Der Kanton Graubünden sieht nach dem Tötungsdelikt im Genfer Strafvollzug keine Veranlassung, seine eigene Vollzugspraxis zu ändern. Das heutige System hat sich bewährt.
Der Kanton Graubünden verfolgt wie die übrigen Kantone des Ostschweizer Strafvollzugskonkordats (OSK) seit Jahren eine restriktive Vollzugspraxis. Regierungsrat Christian Rathgeb, Vizepräsident des OSK, betont, dass diese Praxis konsequent weitergeführt werde. Gestützt auf die Richtlinien der Ostschweizer Strafvollzugskommission sind Vollzugsöffnungen bei potentiell gefährlichen Straftätern vertieft zu prüfen und zurückhaltend zu gewähren. Der Verwahrungsvollzug ist so auszugestalten, dass die öffentliche Sicherheit gewährleistet ist. Dabei hat der Sicherungsauftrag Vorrang vor Wiedereingliederungsbemühungen. Im Verwahrungsvollzug sind Vollzugsöffnungen nur ausnahmsweise möglich. Insbesondere werden grundsätzlich keine unbegleiteten Vollzugsöffnungen gewährt. In Graubünden gibt es für Straftäter keine Reittherapie oder dergleichen.
Kein Handlungsbedarf im Kanton Graubünden
Allerdings darf auch im Kanton Graubünden nicht von einem Nullrisiko ausgegangen werden. Nach den jüngsten tragischen Vorfällen in der Westschweiz wurden die Bündner Fälle auf vergleichbare Risikokonstellationen überprüft. Dabei kann festgestellt werden, dass abgesehen von den knappen Platzverhältnissen in den Justizvollzugsanstalten aktuell kein Handlungsbedarf im Justizvollzug besteht.
Kritik am Bundesgericht
Der Kanton Graubünden hat derzeit zwei Verwahrungen und 18 Urteile potentiell gefährlicher Straftäter zu vollziehen. Allerdings muss eine dieser Verwahrungen gestützt auf einen Bundesgerichtsentscheid – entgegen den Entscheiden und Anträgen der kantonalen Instanzen – demnächst aufgehoben werden. Für Regierungsrat Christian Rathgeb ist dieses Urteil unverständlich; er erwartet auch seitens der Gerichte eine härtere Gangart im Umgang mit solchen Tätern. Der betroffene 76-jährige Mann, welcher wegen mehrfachen sexuellen Handlungen mit Kindern verurteilt wurde, wurde vom Bundesgericht bedingt entlassen. Er wird unter Erteilung von Bewährungshilfe und strikten Weisungen in einem anderen Kanton des Ostschweizer Strafvollzugskonkordats in einem Männerheim untergebracht. Der verbleibende Verwahrte befindet sich infolge eines Tötungsdeliktes bereits seit Jahren in einer geschlossenen Abteilung eines Massnahmenzentrums und erhält keine unbegleiteten Vollzugsöffnungen. Ein weiterer langjährig verwahrter Straftäter ist im Jahr 2011 im Vollzug verstorben.
Aus Sicht des Kantons Graubünden drängt sich ein Schweizerisches Strafvollzugsgesetz oder die Zusammenführung der Strafvollzugskonkordate nicht auf. Die Bündner Vollzugspraxis sowie das Ostschweizer Strafvollzugskonkordat haben sich bewährt, so dass kein Handlungsbedarf besteht.
Auskunftsperson:
Regierungsrat Christian Rathgeb, Vorsteher Departement für Justiz, Sicherheit und Gesundheit, Tel. 081 257 25 01, E-Mail
Christian.Rathgeb@djsg.gr.ch, am 17. September 2013 ab Mittag
Gremium: Departement für Justiz, Sicherheit und Gesundheit
Quelle: dt Departement für Justiz, Sicherheit und Gesundheit