Im Jahr 2022 bezogen 2328 Bündnerinnen und Bündner zumindest einmal wirtschaftliche Sozialhilfe. Das sind 210 Personen weniger als 2021. Die Sozialhilfequote sinkt damit auf 1,2 Prozent und liegt weiterhin unter dem nationalen Durchschnitt von 2,9 Prozent.
Geraten Menschen in der Schweiz in eine finanzielle Notlage, können sie sich an die Sozialhilfe wenden. Diese garantiert ein soziales Existenzminimum, wenn der eigene Lohn und andere finanzielle Hilfen nicht ausreichen oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stehen. Im Jahr 2022 wurden 2328 Personen im Kanton Graubünden durch die Sozialhilfe unterstützt. Das sind 1,2 Prozent der kantonalen Bevölkerung. Diese Quote ist eine der tiefsten der Schweiz. Der schweizweite Durchschnitt liegt im Jahr 2022 bei 2,9 Prozent.
Grafik 1: Sozialhilfequote im Kanton Graubünden und in der Schweiz, 2010 bis 2022
Weniger Neueintritte in die Sozialhilfe
2022 gab es deutlich weniger Neueintritte in die Sozialhilfe als in den Vorjahren. 2022 wurden 447 neue Dossiers eröffnet, 2021 waren es 467 Dossiers und 2020 590 Dossiers. Dies weist auf eine gute wirtschaftliche Lage mit einer erhöhten Arbeitsnachfrage hin. Entsprechend sank auch die Arbeitslosenquote in Graubünden von 1,5 Prozent in 2021 auf 1 Prozent in 2022.
Ablösung aus der Sozialhilfe aufgrund einer verbesserten Erwerbssituation
Insgesamt konnten 548 Dossiers abgeschlossen werden, was mehr als einem Drittel der geführten Dossiers entspricht. Der Hauptgrund dafür ist eine Verbesserung der Erwerbssituation: 192 Personen (36,9%) traten aufgrund der verbesserten Erwerbssituation aus der Sozialhilfe aus. Dies ist eine leichte Zunahme im Vergleich zu 2021 (36,0%) und deutlich höher als 2020 (26,3%), als die Situation auf dem Arbeitsmarkt aufgrund der Corona-Pandemie noch angespannter war.
Grafik 2: Total der Dossiers und neue und abgeschlossene Dossiers, 2016 bis 2022
Anstieg bei Sozialhilfebeziehenden mit Asylhintergrund
Flüchtlinge mit Asyl werden in den ersten fünf Jahren ab Einreichung des Asylgesuches durch den Bund finanziell unterstützt. Bei den vorläufig aufgenommenen Flüchtlingen und vorläufig aufgenommenen Personen dauert die Unterstützung durch den Bund sieben Jahre ab Einreise. Danach befinden sie sich in der finanziellen Zuständigkeit des Kantons und werden in der Statistik der wirtschaftlichen Sozialhilfe ausgewiesen.
2015 nahmen die Asylgesuche in der Schweiz aufgrund der anhaltenden Konflikte in Syrien, in Afghanistan und im Irak sprunghaft zu. Dieser Anstieg zeigt sich zeitverzögert auch in der Sozialhilfe. Die Anzahl Sozialhilfebeziehender mit Asylhintergrund ist im Jahr 2022 gegenüber der Vorjahresperiode um 17 Personen auf 559 gestiegen. Damit erhöht sich auch der Anteil der Sozialhilfebeziehenden mit Asylhintergrund gemessen am Total der Sozialhilfebeziehenden von 21,4 Prozent (2021) auf 24,0 Prozent (2022).
Grafik 3: Prozentuale Zunahme der Anzahl Sozialhilfebeziehender mit Asylhintergrund zum Vorjahr im Kanton Graubünden und in der Schweiz, 2016 bis 2022
Vor dem Hintergrund dieser Verschiebungen stellt sich die Frage nach den längerfristigen Ablösungsprozessen aus der Sozialhilfe von Personen aus dem Asylbereich. Längsschnittanalysen zeigen, dass bei den Asylsuchenden, welche im Jahr 2016 in die Schweiz eingereist sind und dem Kanton Graubünden zugeteilt wurden, der Anteil Sozialhilfebeziehender im Jahr nach der Einreise bei rund 92,4 Prozent lag. Im Jahr 2022 beziehen noch 54,2 Prozent dieser Personengruppe Sozialhilfe. Im Vergleich zur Gesamtschweiz ist dies ein tiefer Wert, der entsprechende Anteil für die Gesamtschweiz beträgt 2022 69,5 Prozent.
Werden aus derselben Personengruppe (auch Kohorte genannt), nur Sozialhilfebeziehende im erwerbsfähigen Alter (15–64-Jährige) betrachtet, wird sichtbar, dass der Anteil an Erwerbstätigen über die Jahre zunimmt. 2016 lag er bei 5,3 Prozent und sechs Jahre später im Jahr 2022 liegt er in derselben Gruppe bei 50,0 Prozent.
Grafik 3.1: Anteil erwerbstätiger Personen mit Asylhintergrund in der Sozialhilfe aus der Kohorte von 2016
Gesellschaftliche Gruppen mit dem höchsten Sozialhilferisiko
Die gesellschaftlichen Gruppen mit dem höchsten Sozialhilferisiko verändern sich kaum. Erstens sind Kinder und Jugendliche deutlich stärker von der Sozialhilfe betroffen als alle anderen Altersgruppen. In der Alterskategorie der 0 bis 17-Jährigen beträgt das Sozialhilferisiko 2,5 Prozent. Damit ist die Sozialhilfequote in dieser Altersgruppe mehr als doppelt so hoch wie der kantonale Durchschnitt. Dies liegt daran, dass Familienhaushalte häufiger auf die Unterstützung der Sozialhilfe angewiesen sind als Haushalte ohne Kinder.
Grafik 4: Sozialhilfequote nach Alter im Kanton Graubünden, 2022
Zweitens sind Einelternfamilien mit Kindern deutlich stärker gefährdet als alle anderen Haushaltstypen. Die Quote der Haushalte mit Sozialhilfebezug liegt im Kanton Graubünden bei 1,3 Prozent. Bei Einelternhaushalten liegt die Quote bei 12,4 Prozent.
Drittens erhöht ein geringes Ausbildungsniveau das Sozialhilferisiko ebenfalls signifikant. Personen ohne Berufsbildung sind in der Sozialhilfe stark übervertreten. Während im Kanton Graubünden 13,6 Prozent der Bevölkerung im Alter zwischen 25 und 64 Jahren keine Berufsbildung haben, liegt der Anteil bei den Sozialhilfebeziehenden bei 50,3 Prozent.
Auskunftspersonen:
- Susanna Gadient, Leiterin Sozialamt, Tel. +41 81 257 26 51 (erreichbar von 10.00 bis 11.00 Uhr), E‑Mail Susanna.Gadient@soa.gr.ch
- Mathias Kaufmann, Leiter Fachbereich Sozialdienste/Stv. Amtsleitung, Tel. +41 81 257 26 68 (erreichbar von 10.00 bis 11.00 Uhr), E‑Mail Mathias.Kaufmann@soa.gr.ch
- Silvia Würmli, Fachstelle Sozialhilfestatistik Zürich und Ostschweiz, Tel. +41 43 259 75 54 (erreichbar von 13.30 bis 14.30 Uhr), E‑Mail Silvia.Wuermli@statistik.ji.zh.ch
zuständig: Sozialamt
Zusätzliche Informationen zur Schweizerischen Sozialhilfeempfängerstatistik SHS
Die Schweizerische Sozialhilfeempfängerstatistik ist eine jährliche Datenerhebung, die vom Bundesamt für Statistik BFS durchgeführt wird. Ziel der Statistik ist es, den Bestand und die Struktur der Bezügerinnen und Bezüger von wirtschaftlicher Sozialhilfe sowie von vorgelagerten bedarfsabhängigen Sozialleistungen in der Schweiz zu erfassen. Sie basiert auf der gemeinsamen Zusammenarbeit von Bund, Kantonen und Gemeinden
Die Grundlagen der Sozialhilfeempfängerstatistik wurden vor mehr als 20 Jahren erarbeitet. Diese werden nun im Rahmen eines Modernisierungsprojekts an die aktuellen Bedingungen und die sich verändernden Bedürfnisse angepasst. Die Modernisierung der SHS verfolgt als Ziele die Reduktion der Belastung der Erhebungsstellen, die Stärkung der Analyse und die Verkürzung der Dauer zwischen Erhebung und Publikation.
Mit dem Abschluss der Konzeptarbeiten per Ende 2022 startete die Realisierung Anfang 2023. Sie dauert bis Ende 2024. In diesem Zeitraum werden die Voraussetzungen geschaffen, damit ab Januar 2025 die Daten monatlich und auf der Grundlage des neuen Variablenkatalogs ans BFS übermittelt werden können. Die ersten Resultate der modernisierten Statistik werden voraussichtlich im ersten Halbjahr 2026 publiziert werden. Nähere Angaben zum Modernisierungsprojekt und zur Realisierung finden sich beim Bundesamt für Statistik.