Das UNESCO-Weltnaturerbe Tektonikarena Sardona (auch «Tektonikarena Sardona» oder «Welterbe Sardona», TAS) ist eine rund 30 000 Hektar grosse, eindrucksvolle Gebirgslandschaft im Grenzgebiet der Kantone Graubünden, Glarus und St. Gallen. Sie trägt die weltweit höchste Auszeichnung für ein Naturgut – UNESCO-Weltnaturerbe – seit 2008.
Der Perimeter der Welterbestätte. Am Piz Sardona treffen die Kantonsgrenzen von Graubünden, Glarus und St. Gallen aufeinander. Cartographic data: PK100 © 2006 SWISSTOPO (DV351.4)
Warum ist die Region ein UNESCO-Welterbe?
Damit ein Naturgut in die UNESCO-Welterbe-Liste aufgenommen wird, bedarf es nebst der Integrität (Unversehrtheit) der Stätte eines sogenannt «aussergewöhnlichen universellen Wertes» (Outstanding universal value, OUV). Beim Welterbe Sardona besteht dieser besondere Wert darin, dass es einzigartige Einblicke in die Entstehungsgeschichte der Alpen ermöglicht. In der eindrücklichen Gebirgslandschaft lassen sich Prozesse der Gebirgsbildung erkennen und erforschen wie sonst nirgendwo anders auf der Erde.
Besonders gut erkennbar ist die «Glarner Hauptüberschiebung», eine mehr oder weniger horizontal verlaufende Fläche, die sich in vielen Bergflanken rund um den Piz Sardona als Linie zeigt. Auf dieser Überschiebungsfläche schoben sich während der Alpenbildung 250 bis 300 Millionen Jahre alte Gesteine auf jüngere Gesteine (35 bis 50 Millionen Jahre alt).
Dass die Phänomene der Gebirgsbildung so gut sichtbar sind, ist nicht zuletzt für die geologische Forschung und Bildung von grosser Bedeutung. Die seit über zweihundert Jahre dauernde Forschungsgeschichte im Welterbe hat das Verständnis für die Entstehung von alpinen Gebirgen revolutioniert.
Neben dem aussergewöhnlichen universellen Wert gibt es im Welterbe eine Vielzahl von besonderen Naturwerten, wie etwa die Ursprünglichkeit und Vielfalt der Landschaft mit hoher Biodiversität. Die Gebirgslandschaft bietet spezialisierten Alpenpflanzen und Tieren wie Steinbock, Wolf und Bartgeier einen idealen Lebensraum. Auch der Mensch prägt die alpine Landschaft seit jeher durch historischen Erzabbau, Landwirtschaft, Stromproduktion und Tourismus.
Wer steht hinter dem Welterbe?
Die Kantone Graubünden, Glarus und St. Gallen
Die von der Schweiz 1975 ratifizierte Welterbekonvention ist rechtlich nicht direkt anwendbar. Auch hat der Bund für die Welterbestätten bisher keine gesetzlichen Grundlagen auf Bundesebene geschaffen. Deshalb liegen der Vollzug und die Finanzierung der Weltnaturerbestätten gemäss Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz grundsätzlich bei den beteiligten Kantonen. Zu den Aufgaben der beteiligten Kantone Graubünden, Glarus und St. Gallen gehören gemäss Welterbekonvention:
- Erhalt und Schutz der Welterbestätte;
- Einbezug des Schutzes in regionale Planungsprozesse;
- Einrichtung von Dienststellen mit einem angemessenen Personalbestand;
- Wissenschaftliche und technische Untersuchungen;
- Massnahmen, um dem Welterbe eine Funktion in der Gemeinschaft zu geben;
- Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Werte des Welterbes;
- Bildungs- und Informationsprogramme.
Die Aufgaben und Ziele werden periodisch in sogenannten Programmvereinbarungen mit dem Bund festgelegt. Dieser leistet dafür Finanzhilfen von maximal 50%. Aktuell beschäftigen sich die beteiligten Kantone mit der räumlichen Sicherung des Welterbes in der kantonalen Richtplanung, da eine Expertise aufzeigte, dass die räumliche Sicherung auf kantonaler Ebene Lücken aufweist und in verschiedener Hinsicht Optimierungsbedarf besteht.
Die Welterbe-Trägerschaft
Mit der konkreten Umsetzung der in der Programmvereinbarung für das Welterbe festgelegten Aufgaben und Projekte beauftragen die beteiligten drei Kantone die Welterbe-Trägerschaft. Diese setzt sich aus Gemeinden zusammen, welche Flächenteil am Welterbeperimeter haben. Kürzlich wurde die Welterbe-Trägerschaft in die Rechtsform eines Vereins überführt, damit diese künftig breiter abgestützt werden kann.
Die beteiligten Gemeinden
Mit der Aufnahme der Tektonikarena Sardona in die UNESCO-Welterbe-Liste haben sich die beteiligten Gemeinden, die Flächenanteil am Welterbeperimeter haben, mitverpflichtet, geeignete Massnahmen zur Erhaltung und Pflege der Welterbestätte sowie der Landschaft und der Lebensräume zu ergreifen sowie das Interesse des Welterbes zu respektieren. Die in der kantonalen Richtplanung festzuhaltenden Elemente des aussergewöhnlichen universellen Wertes müssen von den Gemeinden in ihren Tätigkeiten berücksichtigt werden.