Navigation

Inhaltsbereich

Moorlandschaft Alp Anarosa mit den Gebäuden von Alp Curtginatsch und Alp Nurdagn
Blick auf die Schamser Moorlandschaft Alp Anarosa mit den Gebäuden von Alp Curtginatsch und Alp Nurdagn

Die vielfältigen Landschaften des Kantons Graubünden sind identitätsstiftend und von grosser Bedeutung für die Lebensqualität, die Naherholung und den Tourismus. Sie geraten zunehmend unter Druck

  • durch vermehrte Bautätigkeit;
  • durch Auswirkungen des Tourismus;
  • durch die sich wandelnde landwirtschaftliche Nutzung;
  • durch den Ausbau von Versorgungs-Infrastrukturen (insbesondere im Bereich Energie).

Der Erhalt und die Entwicklung der charakteristischen Eigenheiten dieser Landschaften sind von grossem öffentlichem Interesse. Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzone sollen sich grundsätzlich bestmöglich in das vorherrschende Landschaftsbild integrieren, damit der typische Landschaftscharakter gewahrt bleibt. Aus diesem Grund sollten Bauten und Anlagen erhöhte Gestaltungsanforderungen erfüllen.

Neue Bauten und Anlagen schonen das Landschaftsbild,

  • wenn sie sich an bestehende Infrastrukturen angliedern (Konzentrationsprinzip);
  • wenn sie keine grösseren Terrainveränderungen zur Folge haben;
  • wenn Massstäblichkeit und Materialwahl auf den Standort abgestimmt sind;
  • wenn die Umgebung möglichst natürlich belassen wird.

Das Amt für Raumentwicklung bietet einen Leitfaden zur Umgebungsgestaltung an.

Bauvorhaben in geschützten Landschaften

Geschützte Landschaften sind in Graubünden:

In geschützten Landschaften sind Bauvorhaben unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Gibt es durch ein Bauvorhaben bleibende negative Auswirkungen auf die Landschaft und ihre Funktionen, muss Ersatz geleistet werden. Als landschaftliche Ersatzmassnahmen gelten z. B.

  • Rückbau-Massnahmen (sofern keine rechtlich bindende Rückbaupflicht besteht);
  • Neu-Anlegen oder Aufwerten von landschaftsprägenden Elementen.

Ersatzmassnahmen müssen in jedem Fall zweckmässig und in ihrem Bestand langfristig gesichert sein.

Im Dokument Richtlinie NHG-Ersatzmassnahmen werden folgende Ersatzmassnahmen unterschieden:

1. Realersatz

Der ersatzpflichtige Eingriff wird mit Realersatz kompensiert. Landschaftlicher Realersatz meint Aufwertungsmassnahmen zugunsten derselben landschaftlichen Elemente; ein Landschaftselement wird beispielsweise entfernt und durch ein gleiches Element an einem anderen Standort ersetzt oder ein neues Element wird gebaut, ein anderes als Realersatz renaturiert, zum Beispiel ein Weg.

Bei einem Realersatz werden die landschaftlichen Aufwertungsmassnahmen in erster Linie innerhalb der vom Eingriff betroffenen Landschaft umgesetzt. Damit soll der jeweils regional typische Charakter der geschützten Landschaft gefördert werden. Je nach Landschaftstyp und Höhe der Ersatzpflicht sind mehrere, auch unterschiedliche Aufwertungsmassnahmen angezeigt.

2. Andere Ersatzmassnahmen

Ein ersatzpflichtiger Eingriff wird mit Aufwertungsmassnahmen kompensiert, die einem Schutzziel der betroffenen Landschaft zugute kommen.

Als konkretes Beispiel kann hier der Rückbau bzw. die Verkabelung einer Freileitung im Skigebiet Corvatsch genannt werden. Für die Freestyle-WM 2025 werden im Skigebiet Corvatsch (Gemeinde Silvaplana) eine neue Halfpipe sowie eine Slopestyle-Anlage gebaut. Das Vorhaben befindet sich in einer Landschaft von nationaler Bedeutung (BLN-1908 Oberengadiner Seenlandschaft und Berninagruppe). Nach bestmöglichen Projektanpassungen in Bezug auf die landschaftliche Wirkung verbleibt für die restliche Beeinträchtigung eine landschaftliche Ersatzpflicht. Der Wert für die Ersatzpflicht wurde anhand der vorliegenden Methodik basierend auf der Sichtbarkeitsanalyse sowie der Beurteilung der Auswirkungen der neuen Anlagen auf die Schutzziele des BLN-Objektes berechnet. Als Ersatzmassnahme wurde der Rückbau bzw. die Verkabelung einer 1,33 km langen Freileitung festgelegt (siehe Foto).

Rückbau bzw. Verkabelung einer Freileitung im Skigebiet Corvatsch
 

Die Massnahme unterstützt das Schutzziel, die Hochgebirgslandschaft in ihrer Natürlichkeit und weitgehenden Unberührtheit zu erhalten. Damit wird die Beeinträchtigung dieses Schutzzieles ausgeglichen. Weil die Ersatzmassnahme einen höheren Punktewert erzielt als die Eingriffe, erhält der Gesuchsteller eine Punktegutschrift.

3. Ersatzabgabe

Wenn es dem Verursacher des Eingriffs nicht möglich oder zumutbar ist, für Realersatz oder andere Ersatzmassnahmen zugunsten von Natur und Landschaft zu sorgen, kann er die NHG-/KNHG-Ersatzpflicht ausnahmsweise monetär abgelten. Der entsprechende Betrag fliesst in die Sonderfinanzierung für NHG-/KNHG-Ersatzmassnahmen. Die Ersatzabgabe wird für Aufwertungsmassnahmen mit einer hohen Landschaftswirksamkeit verwendet, wenn möglich in derselben Region, in der der Eingriff stattgefunden hat.

4. Poollösung

Eine Poollösung besteht aus einer oder mehreren grösseren Ersatzmassnahmen, mit denen die Bauherrschaft Eingriffe in schutzwürdige Biotope und/oder geschützte Landschaften im Rahmen von verschiedenen Projekten kompensieren kann. In kantonal geschützten Landschaften sind von der Ersatzpflicht befreit:

  • Bauten und Anlagen zur Gefahrenabwehr;
  • Infrastrukturen, die für die Pflege des Gebiets notwendig sind.

Auf Gesuch hin kann die Regierung auch andere Verursachende eines Eingriffs von der Ersatzpflicht befreien oder diese reduzieren.

Das ANU erarbeitet ein Konzept Aufwertung der Landschaft in Graubünden, welches der Fachstelle als Grundlage bei der Umsetzung von landschaftlichen Aufwertungen dient. Mit dem Konzept werden mögliche Massnahmen räumlich zugeordnet und anhand bestimmter Kriterien wie Bedeutung, Schutzgut, Wirkung und Dringlichkeit priorisiert.

Wie werden die Höhe der Ersatzpflicht und der Wert von Ersatzmassnahmen ermittelt?

Die Höhe der Ersatzpflicht wird sowohl im Biotopschutz als auch im Landschaftsschutz anhand der Richtlinien der Regierung ermittelt. Wie im Biotopschutz basiert auch die Berechnungsmethodik für die landschaftliche Ersatzpflicht auf einem Punktesystem. Für die Bewertung massgebend sind die Sichtbarkeit des Eingriffs und die Auswirkungen auf die Schutzziele der betroffenen Landschaft.

Die Bewertung einer landschaftlichen Aufwertungsmassnahme erfolgt grundsätzlich nach der gleichen Methodik wie für die Bezifferung der Höhe der Ersatzpflicht. In einer Ersatzmassnahmenbilanz wird von Bonus- und Maluspunkten gesprochen.

Das Amt für Natur und Umwelt bietet für die Berechnung der landschaftlichen Ersatzpflicht eine webbasierte Lösung an (Berechnungstool Ersatzpunkte Landschaft). Das Ausfüllen des Tools erfordert Kenntnisse bezüglich Anhang 5 der Richtlinie NHG-Massnahmen. Da die Auswirkungen in den quantitativen und qualitativen Kriterien des Tools unterschiedlich bewertet werden können, wird das Ergebnis vom ANU überprüft.

Bei landschaftlichen Ersatzmassnahmen kommt es relativ häufig vor, dass sich ein Eingriff und/oder eine landschaftliche Ersatzmassnahme mit der Berechnungsmethodik im Anhang 5 der Richtlinie NHG-Ersatzmassnahmen nicht sinnvoll beziffern lässt. Die Richtlinie NHG-Ersatzmassnahmen sieht für solche Fälle vor, dass die zuständige Behörde die Höhe der Ersatzpflicht und die Ersatzmassnahmen auf Antrag des ANU im Einzelfall festlegen kann («Regelung per Saldo der Ansprüche»).